Nachhaltigkeits-Handbuch

ver de terre

I.
WAS IST DER BODEN,
WELCHE FUNKTION
ERFÜLLT ER UND
WOZU DIENT ER UNS?

1. Was ist der Boden?

Die Erdoberfläche misst insgesamt 510 Millionen km2. Ungefähr 2/3 dieser Fläche ist von Ozeanen bedeckt. Ein Drittel (149 Millionen km2) sind Festland.

Der Boden ist die außenliegende Deckschicht der Erdkruste. Er besteht aus Mineralstoffen und organischen Stoffen sowie aus Wasser und Luft. Die Mineralstoffe stammen aus der Zersetzung des Oberflächengesteins unter dem Einfluss von Klimafaktoren (Niederschlag, Temperatur…) und biologischer Faktoren (Pflanzenwurzeln). Die organischen Stoffe sind das Ergebnis der unermüdlichen Arbeit von Mikroorganismen, wirbellosen Tieren und Bakterien, die im Boden leben und die abgestorbene organische Substanz (Humus) zersetzen.
Der Boden ist die natürliche Grundlage des tierischen und pflanzlichen Lebens auf der Erde. Im Boden schlagen die Pflanzen Wurzeln, finden das Wasser und die nötigen Nährstoffe, die sie zum Wachstum brauchen.
Der Boden teilt sich in mehrere Schichten (oder Bodenhorizonte) auf, vom oberflächlichen Humus aus pflanzlichen Überresten und zahllosen Organismen bis hin zum tiefer gelegenen Muttergestein. Die Dicke, die Struktur und die Zusammensetzung der verschiedenen Schichten hängen von der Art des Muttergesteins, den organischen Stoffen, der Gegenwart von Mikroorganismen, der Lage und den Klimabedingungen ab. Diese Faktoren beeinflussen die Qualität und die Fruchtbarkeit des Bodens und die Art der Pflanzen, die dort wachsen.

Man geht davon aus, dass ungefähr ein Viertel des Festlandes (etwa 40 Millionen Quadratkilometer) aus bestellbaren Böden besteht. Bestellbare Böden sind Böden, die gepflügt und angebaut werden können. Dazu gehören die Gemüse- und Getreidekulturen, die Brachen und das Wechselgrünland. Davon ausgeschlossen sind zu steile Böden, Böden mit übermäßigem oder unzureichendem Niederschlag (Wüsten, Gletscher) sowie Böden, die zu salzhaltig, steinig oder nährstoffarm sind. Weniger als die Hälfte der bestellbaren Böden wird auch tatsächlich bewirtschaftet (ungefähr 15 Millionen Quadratkilometer).

Der Bildungsprozess von bestellbarem Boden dauert sehr lange. Im Durchschnitt bildet sich in einem Jahr eine Bodenschicht von gerade mal 0,1 mm. Daher müssen etwa 1.000 Jahre vergehen, bis sich eine Schicht von 10 Zentimetern gebildet hat. Weil die Bodenbildung so viel Zeit in Anspruch nimmt, kann man davon ausgehen, dass der Boden eine nicht erneuerbare Ressource ist.

2. Welche Funktion spielt der Boden und welchen Nutzen hat er für uns?

  • Der Boden ist wie eine wundersame Werkstatt, in der das Leben entsteht und sich weiterentwickelt. Im Boden leben Tausende Tier- und Pflanzenarten. Dazu gehören zahlreiche Mikroorganismen, wirbellose Tiere und Bakterien, die 80% der lebenden Biomasse der Erde darstellen. Jedes Gramm Erde enthält demnach einige hundert Millionen Bakterien und mikroskopische Pilze. Jede Lebensart spielt eine ganz bestimmte Rolle in der Umwandlung der organischen Stoffe und Mineralstoffe, damit diese für die Pflanzen, die die Grundlage aller irdischen Ökosysteme bilden, verwertbar sind.
  • Der Boden als Nährstoffreserve. Der Boden ist die Schicht, in der die Pflanzen gedeihen, die den Grasfressern als Nahrungsquelle dienen. Die fleischfressenden Tiere und die Menschen stehen dabei ganz am Ende der Nahrungsmittelkette. Der Mensch baut die bestellbaren Böden an, um seine Nahrungsmittel zu züchten (Getreide, Früchte, Gemüse). Die Weiden dienen der Tierzucht und liefern Fleisch, Milchprodukte und tierische Rohstoffe (Wolle, Leder…).
  • Aus dem Boden werden Rohstoffe gewonnen. Der Mensch nutzt die Bodenfläche, um pflanzliche Produkte (Baumwolle, Mais, Raps, Palmöl…) anzubauen, um aus dem Untergrund fossile Energien und Erze abzubauen und das Holz aus den Wäldern als Energiequelle, Baumaterial oder zur Papierherstellung zu verwenden. Aus anderen Böden werden Baustoffe gewonnen, wie zum Beispiel Steine, Kies, Sand, Lehm, Kalkstein…
  • Im Boden werden zahlreiche Stoffe gelagert, gefiltert und umgewandelt. Der Boden ist ein Bestandteil des Wasserkreislaufes und dient als Speicher für Kohlenstoff. Er speichert das Niederschlagswasser und reguliert dessen Ablauf. Er filtert das Wasser und reinigt es, bevor es in das Grundwasser versickert. Je mehr Leben und Humus im Boden enthalten sind, desto mehr Wasser kann er speichern und es den Lebewesen an der Oberfläche zur Verfügung stellen. Der Boden ist eine der reichsten Kohlenstoffquellen der Welt (neben den Ozeanen und Wäldern).
  • Der Boden gehört zum Landschaftsbild und Kulturgut und spielt eine Hauptrolle als Lebensraum. Der Boden ist die Unterlage, auf der die Lebewesen (Tiere und Pflanzen) leben, sich fortbewegen und sich fortpflanzen. Er ist die Plattform aller menschlichen Aktivitäten. Der Mensch nutzt ihn als Grundlage für seine Behausung (Häuser, Dörfer, Städte) und seine Infrastrukturen (Straßen, Fabriken, Geschäfte, Parkplätze, Krankenhäuser…).

Die Struktur und die Qualität des Bodens sind ausschlaggebend für seine Fähigkeit, seine verschiedenen Funktionen zu erfüllen. Durch die Zerstörung des Bodens werden ebenfalls alle anderen natürlichen Lebensräume und Ökosysteme zerstört.
Jede Bodenbedeckung bildet ein vollwertiges Ökosystem, das eine ganz bestimmte Rolle in der Funktionsweise unseres Planeten spielt.

Hier zwei Beispiele:

  • Die Wälder spielen eine Hauptrolle im Kohlenstoff- und Sauerstoffkreislauf, da die Pflanzen das CO2 der Atmosphäre in Form von organischen Molekülen lagern, den Kohlenstoff binden (C) und Sauerstoff ausstoßen. Die Wälder sind eine große Reserve der Artenvielfalt und spielen auch im Wasserkreislauf eine wichtige Rolle.
  • Die Feuchtgebiete spielen im Wasserkreislauf eine Hauptrolle. Sie speichern das Niederschlagswasser ab und füllen die Grundwasserreserven schrittweise wieder auf (dies ist z.B. der Fall für das Hohe Venn in Belgien). Andere Feuchtgebiete schützen die Küstengebiete (dies ist z.B. der Fall der Mangroven in Indonesien). Die Feuchtgebiete bieten ebenfalls zahlreichen Tierarten für die Fortpflanzung Unterschlupf.

Kleiner Rückblick auf die Entstehung des Bodens

Seit Millionen von Jahren ist die Natur von Kreisläufen geprägt. Die Abfälle des einen werden vom anderen verwertet und sind somit Bestandteil des ökologischen Kreislaufes. So wird die tote lebende Materie (Blätter, Äste, tote Tiere, Tierkot, …) von Tieren (Würmer) oder Mikroorganismen (Bakterien, …) zersetzt und zum Grundnahrungsstoff für die Pflanzenwelt. Die Pflanzen, die auf dem Boden wachsen, werden von Tieren gefressen. Die toten Tiere und abgestorbenen Pflanzen zersetzen sich und der Kreislauf beginnt von neuem. Im Laufe der Zeit häuft sich diese dünne Schicht zersetzter, organischer Materie an und überdeckt die Erdoberfläche. So bildet sich der Boden.