Nachhaltigkeits-Handbuch

GSM

V.
LÖSUNGSANSÄTZE FÜR
EINEN NACHHALTIGEN UMGANG
MIT ABFÄLLEN

Lange ist es her, als man noch die Abfälle auf die Straße werfen und so entsorgen konnte. Heute ist die Abfallentsorgung schwierig und teuer und kann für die Umwelt abträglich sein.
Hinzu kommt, dass die natürlichen Ressourcen rar werden. In der Tat enthält jeder Abfall Rohstoffe und hat während seines Lebenszyklus Ressourcen (Energie und Wasser) verbraucht. Wenn Abfall also verbrannt oder auf einer Mülldeponie zur Zersetzung gelagert wird, gehen kostbare Rohstoffe und Ressourcen verloren.
Wir müssen daher mehr tun, als nur die Abfälle verbrennen oder vergraben, wodurch wir eigentlich nur ihr Volumen reduzieren. Wir müssen das Abfallproblem bei der Wurzel packen und die Erzeugung von Abfall vermeiden. Das können wir nur, wenn wir eine nachhaltige Abfallverwaltung verfolgen.
Darunter versteht man, dass man vermeiden soll, dass ein Gegenstand zu Abfall wird, wodurch die Rohstoffe, aus die der Gegenstand besteht, der Menschheit weiter dienen können. Gleichzeitig sparen wir nämlich auch die für die Abfallverarbeitung erforderlichen Ressourcen (Energie, Wasser) und verringern die dadurch entstehenden Verunreinigungen.

1. Nachhaltige Abfallverwaltung

Die nachhaltige Abfallverwaltung besteht aus einem 5-stufigen Ansatz :

Die Vorgehensweise besteht aus mehreren Etappen. Als Erstes versucht man die Entstehung von Abfall zu vermeiden. Ist das nicht möglich, versucht man die Materialien wiederzuverwenden, dann zu recyceln, oder zu verwerten. Erst ganz am Ende wird der Abfall, wenn nötig, entsorgt.

SCHRITT 1: ABFALL VORBEUGEN

Durch die Vorbeugung kann die Entstehung von Abfall vermieden werden. Sie umfasst zwei Kernthemen:

Zuerst fordert uns die Vorbeugung auf, uns über unsere wahren Bedürfnisse bewusst zu werden. Wir können manchen unnötigen Verbrauch vermeiden oder reduzieren und somit weniger Rohstoffe verbrauchen und Abfall erzeugen. So kann man zum Beispiel den Verbrauch von Plastikflaschen vermeiden, indem man in der Schulkantine Leitungswasser in Trinkflaschen abfüllt oder Pfandflaschen verwendet

Bei der Vorbeugung geht es auch darum zu vermeiden, dass ein Produkt zu Abfall wird. Man kann zum Beispiel Produkte besserer Qualität kaufen, die man länger benutzt, den Kauf von Einwegprodukten vermeiden und Produkte, die noch gut funktionieren, nicht ersetzen, nur weil sie aus der Mode sind.

Die Vorbeugung von Abfall setzt also ein Umdenken in unseren Verbrauchergewohnheiten und Kaufgewohnheiten voraus. Hier einige Beispiele:

Verpackungen vermeiden. In Belgien sind über 30% des Gewichts (und 50% des Volumens) unseres Haushaltsabfalls Verpackungen. Um diese Menge zu verringern, können wir unverpackte Nahrungsmittel kaufen, Großverpackungen bevorzugen, Einzelverpackungen vermeiden, Nachfüllpackungen wählen, mit frischen Produkten kochen und keine Fertiggerichte kaufen, …

Einwegprodukte verbannen. In den letzten Jahren haben sich Einwegprodukte aus Kunststoff unter dem Vorwand, dass sie praktisch sind, weit verbreitet. Dabei gibt es doch auch nachhaltige Alternativen. So kann man zum Beispiel einen Korb oder eine wiederverwendbare Einkaufstasche für die Einkäufe verwenden, eine Trinkflache mit Leitungswasser abfüllen oder Snacks in eine Butterbrotdose verpacken. Man kann ein Fest oder ein Picknick auch „nachhaltig“ mit wiederverwendbarem Geschirr, Besteck und Bechern oder Stofftischdecken veranstalten …

Die Verschwendung von Nahrungsmitteln vermeiden. Jeder Bewohner der wallonischen Region wirft im Schnitt 15 bis 20 kg Nahrungsmittel pro Jahr weg, die nicht verzehrt worden sind (häufig sogar noch in der Originalverpackung!). Die Menge der verschwendeten Nahrungsmittel kann reduziert werden, wenn man mit einer gut vorbereiteten Einkaufsliste einkauft, den Inhalt des Kühlschranks im Auge behält und die Essensreste aufbraucht.

Ausleihen statt kaufen. Wir kaufen häufig Gegenstände, die wir nur selten brauchen, obschon wir diese auch leihen könnten. Das ist billiger und tut unserem Planeten gut! Die Mediatheken, Bibliotheken und Spielzeugverleihe bieten eine große Auswahl an Medien (DVD, CD, PC-Spiele, Sprachprogramme, …), Bücher und Spiele zum ausleihen. Bestimmte Heimwerker- und Gartengeschäfte vermieten sogar Werkzeug. Das Leasing von Büromaterial (Fotokopierer usw.) wird immer häufiger beansprucht.

Entmaterialisierung. Das bedeutet, häufiger auf Dienstleistungen als auf Gegenstände zurückgreifen. Wir können ein Kino- oder Theaterticket anstelle von einer DVD schenken, ein Abonnement beim Spielzeugverleih anstatt eines Spiels, …

Kompostierung organischer Abfälle. Grün- und Küchenabfälle (Rasen, Schalen, Kaffeesatz, Nahrungsmittelreste usw.) sind biologisch abbaubar, d.h. dass sie durch lebende Organismen zersetzt werden können. Wenn wir diese Abfälle im Garten kompostieren, verwandeln wir sie in Humus anstelle von Abfall.

SCHRITT 2: WIEDERVERWENDUNG VON GEGENSTÄNDEN

Wiederverwenden bedeutet, den Gegenständen, die wir nicht mehr brauchen, ein zweites Leben einzuhauchen. Die Wiederverwendung besteht darin, ein Produkt, das wir ein Mal benutzt haben, zum gleichen oder zu einem anderen Zweck wiederzuverwenden.

Man unterscheidet zwischen zwei Arten der Wiederverwendung:

Die Wiederverwendung an sich bedeutet, dass ein Gegenstand für einen identischen Einsatz wie der, für den er geschaffen wurde, wieder eingesetzt wird. So kann man zum Beispiel Kleidungsstücke aus zweiter Hand anstelle von neuen Kleidungsstücken kaufen, Kleidungsstücke, Bücher, DVD usw. mit Freunden tauschen oder Tauschbörsen organisieren, Pfandflaschen oder -verpackungen verwenden …
Die Wiederverwertung bedeutet, für Gegenstände eine neue Verwendung finden. So kann man zum Beispiel einen Schuhkarton als Ablage verwenden, einen alten Kanister zum Lampenschirm umwandeln, …

Das Öko-Konsum-Netzwerk schlägt zahlreiche Ansätze vor, um die Kunst der Abfallvorbeugung zu meistern.
> ¢ Für zusätzliche Informationen: www.ecoconso.be

SCHRITT 3: RECYCLING VON MATERIAL

Recycling bedeutet, die in den Abfällen enthaltenen Rohstoffe zu verwerten, indem sie wiedergewonnen werden und in das Herstellungsverfahren eines neuen Produktes einfließen.

Das Recycling birgt vier große Vorteile:

  • Die Abfallmengen werden verringert, sodass weniger Abfall verbrannt oder deponiert werden muss.
  • Die Belastungen werden verringert, sowohl für die Umwelt als auch für den Menschen, wie die Belastungen durch die Verbrennung und die Mülldeponien.
  • Durch das Recycling werden Rohstoffe gespart, da die recycelten Stoffe anstelle von neuen Rohstoffen verwendet werden, die entweder gefördert oder hergestellt werden müssten.
  • Zudem werden Ressourcen eingespart (Wasser, Energie), die für die Förderung neuer Rohstoffe und die Herstellung der Produkte nötig gewesen wären.

Je nach den verschiedenen Materialien kommen verschiedene Recycling-Techniken zum Einsatz. Hier die bekanntesten Verfahren:

  • Das Blech der Getränke- und Konservendosen kann wieder geschmolzen werden und in der Herstellung neuer Dosen und Konserven, Industriekanister, Verpackungen für Kosmetika und Reinigungsprodukte, Autoteile und Elektrogeräte wiederverwertet werden.
  • Die Holzfasern, die in Altpapier und Kartons enthalten sind, können für die Herstellung von recyceltem Papier, Kartons, Zeitungen, Zeitschriften, WC-Papier usw. verwendet werden.
  • Das PET (Polyethylenterephthalat) aus Plastikflaschen wird in der Textilindustrie eingesetzt (als Futter für Mäntel, Matratzen und Schlafsäcke oder als Fleece) oder in neue Flaschen, Frischhaltefolie, Töpfe usw. umgewandelt.
  • Die PEHD (Hochdruckpolyäthylen) aus Plastikflaschen werden für die Herstellung von Kanistern, Kunststoffbehältern, Kisten, Regalen, Abfalleimern, Containern, Rohrleitungen, Kabelführungen, Spulen, Paletten, Rohren usw. eingesetzt.
  • Die Pappe der Getränkekartons wird für die Herstellung von Haushaltspapier, Industriepapier, Papiertüten, Eierkartons, Umschläge usw. verwendet.

Das Abfall-Recycling ist zwar eine gute Lösung, birgt aber auch mehrere Nachteile.

  • Erstens kann nur ein Teil unseres Abfalls recycelt werden (wie zum Beispiel Metall, Papier, Glas usw.). Viele andere Materialien können heute nicht recycelt werden oder ihr Recycling ist aus energetischer und wirtschaftlicher Sicht zu teuer (so zum Beispiel der Joghurtbecher).
  • Für den Recycling-Vorgang ist häufig die Zufuhr von neuen Materialien notwendig. Je größer die technische Qualität des Endproduktes sein muss, desto größer ist die erforderliche Menge neuer Materialien. Um Holzfasern zu recyceln müssen für die Herstellung von Zeitungspapier zum Beispiel bis zu 46% neue Holzfasern beigesteuert werden, und bis zu 14%, um Wellkarton herzustellen.
  • Produkte aus recyceltem Material können am Ende ihres Lebenszyklus nicht unendlich oft recycelt werden. So können Papierfasern je nach Art des Papiers, das hergestellt werden soll, zwei bis fünfmal recycelt werden. Bei jedem Recycling-Vorgang nimmt die Qualität der Fasern jedoch ab.
  • Nur selten kann man ein Produkt in ein hochwertiges oder qualitätsmäßig gleichwertiges Produkt umwandeln. Im Allgemeinen nimmt der Wert von recycelten Materien ab. In den Fällen ist die Rede von Downcycling. Das aus Fensterrahmen recycelte PVC kann zum Beispiel nicht für die Herstellung neuer Fensterrahmen verwendet werden, sondern dient der Herstellung von minderwertigen Produkten wie Industriebehälter, Rohrleitungen oder Abfalleimer.
  • Recyceln verbraucht Energie und kostet viel Geld: zwischen 50 und 175 € pro Tonne. Nur für die Verpackungen alleine stellt das bereits ein Jahresbudget von über 74 Millionen Euro dar.
  • Trotz der großen technologischen Fortschritte in den vergangenen Jahren, um das Recycling auch auf neue Materialien auszuweiten und es rentabler zu gestalten, sind noch große Fortschritte erforderlich.

Aus diesen Gründen tritt das Recycling nur an dritter Stelle der Leiter der nachhaltigen Abfallverwaltung nach der Vorbeugung und der Wiederverwendung auf.

Recycling im Mittelpunkt der Debatten
Soll man sich für ein Verbrauchermodell entscheiden, in dem eine bestimmte, erzeugte Abfallmasse zu verarbeiten ist, oder ist ein anderes Modell vorzuziehen?

Die belgischen Hersteller haben sich entschieden, den Verbraucher in den Prozess mit einzubeziehen (trennen zum Recyceln) und haben die VoE Fost+ gegründet, die von ihnen finanziert wird. Der grüne Punkt auf den Produkten lässt erkennen, welche Firmen an diesem System teilnehmen.

In anderen Ländern wird das Pfandsystem bevorzugt und die Beteiligung der Hersteller oder Verkäufer beansprucht (Verpflichtung, standardisierte Glas- oder Plastikpfandflaschen oder Pfanddosen zu vermarkten wie zum Beispiel in den Niederlanden und in Deutschland).

Ein drittes Modell, das in Belgien wenig angewandt wird, sind die ökologisch ausgerichteten Steuern (Ökosteuer, Ökobonus). Man besteuert die Verpackungen, die wenig oder schwer recycelbar sind, oder die Einwegprodukte, um den Verbrauch nachhaltiger Güter, die Verringerung von Verpackungen oder das Pfandsystem zu fördern. Hier stoßen Ökologie und Wirtschaft aufeinander.

Wenn der Abfall richtig recycelt werden soll, muss er nach den Materialien getrennt werden, die er enthält und die zu den verschiedenen Recyclingstellen befördert werden müssen. Hierzu ist ein leistungsstarkes System für die Abfallsammlung und Abfalltrennung erforderlich.

SCHRITT 4 : DIE ABFALLVERWERTUNG

Mehr Infos?

> Siehe INFOBLATT (in Band 4):
Die Abfallsammlung und -trennung

Die biologische Verwertung

Ein Großteil unseres Abfalls besteht aus organischen Stoffen (Küchenabfall und Grünabfall), die durch die biologische Verarbeitung verwertet werden können.

  • Die organischen Abfälle aus dem Haushaltsabfall (Küchenabfälle) werden in einer Biomethananlage, auch Fermenter genannt, verarbeitet und durch Mikroorganismen zersetzt. Das Methan (auch Biogas genannt), das bei diesem Verfahren freigesetzt wird, wird aufgefangen und kann als Brennstoff dienen (bestimmte Busse werden heute bereits mit Methan angetrieben).
  • Der Grünabfall aus dem Garten und der Wartung von Grünanlagen wird in Kompostierungsanlagen kompostiert und verwandelt sich somit in natürlichen Dünger für den Gemüsegarten und die Gärten.

Die energetische Verwertung

Der Teil der Abfälle, der nicht recycelt, kompostiert oder in Methan umgewandelt werden kann, wird verbrannt. Durch die Verbrennung erzeugen die Abfallverbrennungsanlagen Wärme. Diese Anlagen werden heute mit Turbinen ausgerüstet, die diese Wärme in Strom umwandeln können. Der Strom wird verwendet, um die Verbrennungsanlage anzutreiben oder um in ein Verteilernetz eingespeist zu werden. In diesen Fällen spricht man von energetischer Verwertung der Abfälle.

SCHRITT 5 : DIE ENDGÜLTIGE ABFALLBESEITIGUNG

Die Abfälle, die weder recycelt, noch anderweitig verwertet werden können, werden in einer Mülldeponie gelagert (auch „technisches Vergrabungszentrum“ genannt). Diese Lösung ist am wenigsten nachhaltig, da sie abgesehen von der Tatsache, dass sie zahlreiche Nachteile für die Umwelt und die Gesundheit des Menschen birgt, nicht dazu beiträgt, die Abfallmenge zu reduzieren. Die Abfälle, die dort vergraben werden, bleiben für unbestimmte Zeit erhalten. Was werden wohl die Menschen in etwa 1.000 Jahren denken, wenn sie beim Graben auf einem schönen grünen Hügel auf unseren vergrabenen Abfall stoßen?

Die Hauptgrundsätze des Wallonischen Abfallplans:

  • Die Vorbeugung vorrangig behandeln, um die Abfallerzeugung zu reduzieren.
  • Das Recycling und die Verwertung der Abfälle fördern und deren Getrenntsammlung unterstützen. Anwendung der Getrenntsammlung, um gegen das leichtsinnige Wegwerfen anzukämpfen.
  • Die Abfalllagerung auf Mülldeponien weitestgehend vermeiden und nur für den Restabfall auf die technischen Vergrabungszentren zurückgreifen.
  • Den Privatsektor zur Verantwortung ziehen und ihm eine allgemeine Pflicht auferlegen, die durch ihn erzeugten Abfälle zurückzunehmen (Verpackungen, elektronische Haushaltsgeräte).

2. Nachhaltigkeits-Tipps für den Alltag

  • Ich vermeide sämtliche Wegwerf- und Einwegprodukte (Becher, Tücher, Rasierer, Einzeldosen Kosmetika…).
  • Ich vermeide Überverpackungen: Ich entscheide mich für unverpackte Produkte, Sammelpackungen oder Pfandverpackungen.
  • Ich benutze meine Trinkflasche und meine Butterbrotdose für mein Pausenbrot.
  • Mein organischer Abfall wird kompostiert.
  • Ich ändere meine Garderobe nicht mit jedem Jahreszeitenwechsel. Ich kaufe einige neue Kleidungsstücke, die ich mit meinen alten Kleidungsstücken kombinieren kann. Ich entscheide mich für hochwertige Kleidungsstücke, die mir auch noch nächstes Jahr gefallen werden.
  • Ich brauche nicht alle 6 Monate ein neues Handy. Ich behalte meines, bis es defekt ist.
  • Anstatt sie in den Abfall zu werfen, entsorge ich meine kleinen, defekten Elektrogeräte (Handy, MP3, Fotoapparat…) im Altstoffdepot, damit sie dort fachgerecht verarbeitet und recycelt werden.
  • Für meine kleinen Elektrogeräte entscheide ich mich für aufladbare Batterien.
  • Ich bedrucke meine Blätter auf der Vorder- und Rückseite und behalte meine alten, auf der Vorderseite bedruckten Blätter als Schmierblätter.
  • Ich schreibe mit nachfüllbaren Kugelschreibern, in denen ich nur die Mine ersetzen muss, wenn sie leer ist, damit ich nicht den ganzen Kugelschreiber wegwerfen muss.

Weitere Ansätze zur Vertiefung dieser Thematik werden auf der Webseite, die das Heft ergänzt, vorgeschlagen (und regelmäßig aktualisiert): www.nachhaltigkeits-handbuch.be