Nachhaltigkeits-Handbuch

feu foret

IV.
ARTENVIELFALT UND
WIRTSCHAFTLICHE ASPEKTE

Wieviel kostet die Artenvielfalt? Weltweit werden viele Stimmen laut, denen zufolge die Artenvielfalt unbezahlbar sei: Sie ist von unschätzbarem Wert, weil sie das Überleben der Menschheit sichert. Dieses Argument lässt jedoch zahlreiche Politiker kalt. In der Tat sind manche der Meinung, dass ein solcher Ansatz den Eindruck erweckt, dass die Artenvielfalt nur einen emotionalen Wert hat. Ihr Schutz könnte im Vergleich zu den erforderlichen wirtschaftlichen Entwicklungen unvernünftig erscheinen. Als Alternative wird daher vorgeschlagen, der Artenvielfalt ein Preisschild aufzukleben. Dabei entspricht der gesamte wirtschaftliche Wert allen Vorteilen, die die Artenvielfalt zu bieten hat.

In einem Bericht von 2008, der von der Europäischen Union, in Auftrag gegeben worden ist, wird der Wert der weltweit aus den Ökosystemen gezogenen Dienstleistungen auf 23.500 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt. Das bedeutet, dass wenn man die Dienstleistungen, die die Natur uns kostenlos zur Verfügung stellt, durch Maschinen und Menschen ersetzen würde, wir die Hälfte des Wertes zahlen müssten, der in einem Jahr durch die Weltwirtschaft produziert wird (Welt-BIP).

Und doch bleibt die Artenvielfalt auf der Strecke…
Am 25. März 2010 endete in Doha (Katar) die Konferenz über das Abkommen der Vereinten Nationen über den Internationalen Handel mit vom Aussterben bedrohter Arten aus Flora und Fauna (CITES). Die Schlussfolgerungen dieser Konferenz waren mehr als enttäuschend. Weder für vermarktete Meeresarten noch für den roten Thun des Atlantiks, die roten Korallen oder 3 der 4 Haiarten, die hauptsächlich für ihre Flossen gefischt werden, wurde ein Schutz verabschiedet. Nur der Heringshai (Lamna nasus), ein Hai, der in den gemäßigten Gewässern zuhause ist und dessen Bestand in den letzten Jahrzehnten um 80% gesunken ist, wird fortan besser geschützt (die Ausfuhr wird kontrolliert genehmigt). Der Polarbär hatte dahingegen weniger Glück, da die Konferenz seinen Handel nicht verbieten wollte. Dabei sind diese Arten doch vom Aussterben bedroht. Sie sind auf der roten Liste der Weltnaturschutzorganisation (IUCN) über die zumindest “gefährdeten” bis zu den schlimmeren Fällen der “hoch gefährdeten” Arten enthalten.
Das enttäuschende Ergebnis dieser Konferenz ist auf das kategorische Nein Japans und Chinas sowie mehrerer anderer asiatischer Länder zurückzuführen, die mit dem Handel dieser Arten bedeutende Umsätze einfahren. Das ist ein weiteres trauriges Beispiel, das uns zeigt, dass wenn Geld und internationale Abkommen betroffen sind, die Artenvielfalt auf der Strecke bleibt.