Nachhaltigkeits-Handbuch

155- SOL POLLUE

II.
BODEN UND
UMWELTASPEKTE

Der Boden ist ein sehr empfindlicher Lebensraum, der durch die Eingriffe des Menschen und Veränderungen der Umwelt stark beeinträchtigt werden kann. Heute wird der Boden von vielen Einflüssen aus den menschlichen Aktivitäten bedroht. Dies hat zur Folge, dass die Fruchtbarkeit des Bodens sinkt und die Artenvielfalt sowie die Erträge und die Qualität der Ernten nachlassen. Die Fähigkeit des Bodens, das Wasser zu filtern und den Wasserkreislauf zu regulieren, ist ebenfalls gefährdet.

Man schätzt, dass heute rund die Hälfte des Festlandes durch den Menschen verändert worden ist. Diese negativen Folgen sind in der Fauna und in der Flora sowie auch bei der menschlichen Gesundheit festzustellen.

Die größten Gefahren für den Boden sind:

1. Bodenverschmutzung

Viele gefährliche Stoffe werden direkt in den Boden abgelassen (Öle, Reinigungsmittel, Erdöl…) oder auf der Oberfläche verstreut, bevor sie in den Boden sickern (Kunstdünger, Insektiziden, Unkrautbekämpfungsmittel, Pilzvernichtungsmittel…). Andere Verschmutzungen werden indirekt durch Niederschlag (Rauch, Teilchen, Schwermetalle…) oder Versickern (Ausstoß von nicht geklärtem Wasser, saurer Regen…) verursacht.

Diese Verschmutzungen beeinträchtigen auf direkte Weise das Leben der Pflanzen und der Tiere im Boden, sammeln sich dort im Laufe der Nahrungsmittelkette an oder verbreiten sich in der Umwelt. Langfristig sinkt die Fruchtbarkeit des Bodens und somit auch der Ertrag und die Qualität der Ernte. Manchmal wird der Boden sogar unfruchtbar.

Einige Beispiele der Bodenverschmutzung im Haushalt:

  • Heizöllecks, weil der Heizöltank verrostet oder beim Auffüllen übergelaufen ist,
  • Putzwasser, das Stoffe enthält, die für die Ökosysteme schädlich sind (Reinigungsmittel, Javellauge usw.),
  • Pflanzenschutzmittel, die im Garten verwendet werden (Dünger, Unkrautvertilger, Insektenvertilger, Pilzvernichtungsmittel…),
  • kleine gefährliche Abfälle (Reste Frittieröl, Treibstoff, Lösungsmittel, Terpentin, Insektensprays, Farb- oder Lackreste in Dosen…), die im Garten weggeschüttet werden,
  • feste Abfälle, die auf illegalen Müllhalden entsorgt werden, wie zum Beispiel alte Haushaltsgeräte, alte Möbelstücke, Reifen, Kleidungsstücke oder Matratzen…
  • Batterien, die in der freien Natur entsorgt werden (ein einfacher Knopf-Akku aus einer Uhr verschmutzt etwa 1m3 Boden während 50 Jahren).

 

Die Bodenverschmutzung kann für den Menschen ein großes Gesundheitsrisiko darstellen. Wir sind dieser Verschmutzung auf verschiedene Weisen ausgesetzt:

  • indem wir Gemüse essen, das auf verschmutztem Boden gewachsen ist und Schadstoffe aufgenommen hat,
  • indem wie Eier von Hühnern essen, die Bodenteilchen gefressen haben (die insbesondere durch Dioxine verseucht sein können),
  • indem wie die schädlichen Ausstöße einatmen (z.B. Treibstofflecks),
  • indem wir das Wasser trinken, das durch den verschmutzten Boden gesickert ist (Versickern von Schadstoffen durch die Leitungen),
  • indem wir Bodenteilchen schlucken (z.B. Kleinkinder, die im Gras oder auf dem Boden spielen oder Siedlungen, die in verseuchten Gebieten errichtet wurden).

2. Die Verschlechterung der Bodenqualität

Wegen der verschiedenen Auswirkungen der Aktivitäten des Menschen auf den Boden ist die Bodenqualität zurückgegangen. Dies hat für den Menschen zur Folge, dass die Erträge der Ernten nachlassen. Die Verschlechterung der Bodenqualität äußert sich auf mehrere Weisen:

  • Die Bodenerosion

Die bestellbaren Böden sind empfindlich. Ihre Schicht ist häufig sehr dünn (einige Dutzend Zentimeter) und ist der Erosion durch den Wind oder durch den Regen ausgesetzt. Dies bedeutet, dass die dünne, bestellbare Bodenschicht mit dem Wind oder dem Niederschlag abgetragen wird. Es bleibt nur der kahle Boden übrig (Stein, Lehm, Sand), auf dem die Pflanzen nicht gedeihen können. Der landwirtschaftliche Ertrag lässt nach und die Verödung des Bodens setzt ein.

Einer der Hauptgründe für die Bodenerosion ist die Abholzung der Wälder. Durch die Wurzeln der Bäume wird der Boden zusammengehalten. Die massive Abholzung, die heutzutage in zahlreichen Regionen der Welt festgestellt wird, ist daran Schuld, dass große Flächen bestellbarer Böden unnutzbar werden. Aber auch andere Faktoren können das Phänomen der Bodenerosion hervorrufen oder verstärken, wie zum Beispiel die Überweidung, die Überbewirtschaftung der Böden, die Monokultur, die mechanische Bodenbearbeitung, die Zerstörung von Hindernissen (Hecken, Böschungen, Gräben oder Mauern), um die Parzellen zu vergrößern, die in Hangrichtung gezogenen Furchen sowie unangemessene Bewässerungstechniken, kahle Böden usw. Die Bodenerosion kann aber auch örtlich durch verschiedene Freizeitaktivitäten (Mountainbike, Quads, Cross-Motorräder…) verursacht werden.

In Europa sind zahlreiche landwirtschaftliche Böden heute erosionsgefährdet. Die Probleme, die auf eine Bodenverschlechterung zurückzuführen sind, sind jedoch größer in Asien, Afrika und Lateinamerika und sind durch die Eigenschaften des Bodens und der Unterböden sowie die dortigen Klimabedingungen bedingt (starke Regenfälle, Dürre…).

  • Die Bodenverarmung infolge von Überbewirtschaftung

Die bestellbaren Böden sind empfindliche Ökosysteme. Die Pflanzen, die auf dem bestellbaren Boden wachsen, schöpfen daraus die Nährstoffe. Mit jeder Ernte wird der Boden etwas ärmer. Damit die nächste Ernte jedoch gut wird, muss der Boden sich erholen können. Wenn unangemessene landwirtschaftliche Methoden (Kulturen, die sich für den Boden nicht eignen, nicht-rotierende Kulturen, Nicht-Zufuhr organischer Stoffe) oder zu intensive landwirtschaftliche Methoden angewandt werden, können die Böden überbewirtschaftet werden und haben nicht genug Zeit, sich nach der Ernte zu erholen und sich mit neuen Nährstoffen anzureichern. Dadurch können fruchtbare Böden unfruchtbar werden.

Man versucht, diesen Nachlass der Fruchtbarkeit des Bodens durch die Verwendung von chemischen Düngemitteln zu beheben, aber in vielen Ländern wurde dieser Zustand durch eine übermäßige Verwendung von Düngern und schlechten Dosierungen nur verschlimmert. Böden, die einst fruchtbar waren, wurden förmlich von den Düngemitteln verbrannt, ihre Fruchtbarkeit nahm ab und sie wurden unfruchtbar. Wenn die Böden jedoch mit organischen Düngern bearbeitet werden, wird dieses Phänomen nicht nur vermieden, sondern trägt auch zur Verbesserung der Böden bei.

  • Die Bodenverdichtung infolge von intensivem Landbau

Durch den Einsatz schwerer, landwirtschaftlicher Maschinen verändert sich die Bodenstruktur. Der Boden verdichtet sich und wird wasser- und luftundurchlässig. Wenn es regnet, rinnt das Regenwasser schnell ab (anstatt in den Boden zu sickern) und verursacht Überschwemmungen und Erdrutsche, die die bestellbare Bodenschicht mit sich reißen. Gleichzeitig nimmt die Menge des im Boden enthaltenen Wassers ab und der Boden trocknet aus. Die Luft zirkuliert nicht mehr im Boden und er „erstickt“. Der Ertrag und die Qualität der Kulturen lassen nach, die Trocken- und Wüstengebiete nehmen zu und das Grundwasser wird nicht genug eingespeist. In manchen besonders anfälligen Regionen führt dies zu Wasser- und Nahrungsmittelknappheit. In unseren Regionen verursachen die Mechanisierung der Landwirtschaft sowie der Anbau von Kulturen, die sich nicht für unsere Böden eignen (Mais…) immer größere Schäden.

  • Die Bodenversiegelung infolge des Städtebaus

Der Mensch baut unaufhörlich neue Städte, Gebäude, Straßen, Parkplätze… Diese massive Besiedlung hat zur Folge, dass große Gebiete mit undurchlässigen Materialien bedeckt werden (Beton, Stein, Asphalt…). Bei Regen kann das Wasser nicht in den Boden sickern und fließt schnell ab, was zu Schlammflüssen, Erdrutschen oder Überschwemmungen führen kann.

  • Die Versalzung des Bodens infolge von intensiver Bewässerung

In den wärmeren Regionen kann die Bewässerung der Kulturen eine Versalzung des Bodens verursachen. Das verwendete Wasser enthält immer aufgelöste Salze, die nach der Verdampfung des Wassers im Boden bleiben. Mit der Zeit häufen sich diese Salze im Mutterboden an, bis das er sich nicht mehr für den Anbau eignet. Das Ausmaß der Bodenverschlechterung nimmt manchmal derartige Züge an, dass man von einer Verödung des Lebensraums spricht.

3. Der Verlust der Naturflächen und der bestellbaren Böden

Durch die intensive Landwirtschaft und die galoppierende Besiedlung verlieren wir immer mehr Naturgebiete und bestellbare Böden.

  • Die Umwandlung von Naturflächen

Die Umwandlung von Böden, z.B. der Übergang von einer Verwendungs- oder Nutzungskategorie in eine andere, wie der Übergang von einer Waldfläche in Weideland oder in Agrarflächen, trägt dazu bei, dass immer weniger Naturgebiete und bestellbare Flächen vorhanden sind. Heute gibt es weltweit etwa 12.000 Naturparks und andere geschützte Gebiete. Trotzdem werden täglich Naturlandschaften zerstört, wie zum Beispiel der Regenwald, die Savannen und andere Wildgebiete.

Der erste Faktor, der für den ständigen Rückgang der Naturgebiete in der ganzen Welt verantwortlich ist, ist unser Lebensstil und unsere Ernährung. Durch den Bevölkerungsanstieg und eine Ernährung, die immer mehr Fleisch enthält, nehmen die notwendigen Landbauflächen immer weiter zu. Jedes Jahr werden große Naturgebiete in landwirtschaftliche Flächen oder Weiden umgewandelt. Dabei handelt es sich häufig um den Regenwald, der abgebrannt wird, um Platz für Felder zu machen. Leider sind die Böden, die auf diese Weise erworben werden, aber meistens nicht sehr fruchtbar. Sie sind schon nach 2 bis 3 Ernten erschöpft. Der Landwirt muss dann eine neue Parzelle des Regenwaldes abbrennen, um weiter anbauen zu können. Die verarmten Bodenflächen werden nicht mehr bewirtschaftet und fallen schon bald der Erosion zum Opfer.

So kommt es, dass jedes Jahr große Flächen Regenwald zerstört werden, um erst als Ackerfläche bewirtschaftet zu werden und einige Jahre später als Wüste zu enden.

Der zweite Faktor, der für den Rückgang der Naturgebiete und der bestellbaren Böden verantwortlich ist, ist die Besiedlung und die Raumordnung. In den Siedlungsgebieten beansprucht der moderne Mensch große Flächen für seine Gebäude (Häuser, Büros, Krankenhäuser, Geschäfte…), die Fortbewegung (Straßen, Autobahnen, Bahngleise, Parkplätze…), die Güterherstellung und -verteilung (Fabriken, Industriezonen, Gewerbegebiete, …) die Freizeitgestaltung (Sportanlagen, Campingplätze, Parkanlagen, Gärten…) und die Friedhöfe. Die Flächen, die besiedelt werden, sind meistens hochwertige bestellbare Böden. Indem sie bedeckt werden, können sie nicht mehr für die Landwirtschaft verwendet werden.

Kleiner Rückblick auf die Geschichte der Besiedlung

Unser Wohnstil hat sich in den vergangenen zwei Jahrhunderten stark verändert. Anfang des 19. Jahrhunderts arbeitete und wohnte der Großteil der Bevölkerung in Dörfern. Nach der industriellen Revolution haben sich zahlreiche Industrien entwickelt und die Bevölkerung in die Städte gelockt. Seit den 70er Jahren und mit dem Anstieg des Lebensstandards bevorzugen es die Menschen, auf dem Land in einem geräumigen Einfamilienhaus, umgeben von einem großen Garten, aber unweit der Städte, in denen sie arbeiten, zu wohnen. Um einen solchen Lebensraum zu schaffen, mussten die Naturflächen außerhalb der Städte in Siedlungen umgewandelt werden. So entstanden die Vororte. Im Gegensatz zu den herkömmlichen Dörfern, wo man auf engem Raum und nah aneinander wohnt, erstrecken sich die Siedlungen auf sehr großen Flächen. Die Siedlungsfläche, die pro Person genutzt wird, hat im vergangenen Jahrhundert stark zugenommen.

Neben den Siedlungen wurden in den Vororten auch Gewerbegebiete und Geschäftsflächen errichtet. Damit die Stadtbewohner diese Gewerbe- und Geschäftsflächen erreichen können und die Vorortbewohner die Dienstleistungen der Stadt beanspruchen können (Büros, Geschäfte, Schulen, Krankenhäuser, Sportanlagen…), mussten zusätzliche Verkehrswege angelegt und das Straßennetz erheblich vergrößert werden. Für den Bau dieser Infrastrukturen musste der Mensch auf die Naturgebiete (Wälder, Wiesen, Grünanlagen) und landwirtschaftlichen Flächen übertreten, die früher die Stadt umgaben.
Eine weitere Folge dieser Entwicklung ist der große Anstieg des Straßenverkehrs und aller Nachteile, die das mit sich bringt (Luftverschmutzung, Verbrauch fossiler Energien, Klimaerwärmung, Verkehrsstaus…).

  • Die Klimaerwärmung

Wegen der Klimaerwärmung sind immer mehr Böden durch eine Meerwasserüberflutung (als Folge des Anstiegs des Wasserspiegels der Meere und Ozeane) oder Verödung bedroht. Beide Phänomene werden heute vor allem in den südlichen Ländern beobachtet, aber auch die nördlichen Länder bleiben davor nicht verschont. Auch für die belgische Küste besteht die Gefahr, dass sie unter dem Meeresspiegel versinkt und die Dünen verschwinden, wohingegen der Süden Frankreichs und das Zentrum Spaniens Gefahr laufen, zu veröden. Diese beiden Phänomene werden den Druck auf die bestellbaren Böden weiter erhöhen.

In Belgien würden bei einem Anstieg des Meeresspiegels von 1 Meter nahezu 63.000 Hektar Land unter dem Meeresspiegel versinken. Dies erhöht selbstverständlich die Gefahr, dass sie eines Tages vom Meer eingenommen werden, wenn die Deiche brechen oder ein außergewöhnlicher Sturm aufkommen sollte.