Nachhaltigkeits-Handbuch

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I.
DIE GESETZGEBUNG
ACHTEN

1. Die Gesetze

Jede industrielle Aktivität hat Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit. Ein Unternehmen muss eine Reihe von zwingenden gesetzlichen Verpflichtungen einhalten, um den Schutz des Menschen oder der Umwelt gegen die Gefahren, Belästigungen und Nachteile zu schützen, die ein Unternehmen direkt oder indirekt während oder nach dem Betrieb verursachen kann.

Man unterscheidet zwischen europäischen Richtlinien, föderalen Gesetzen und regionalen Dekreten. Jeder Mitgliedstaat der Europäischen Union muss die im Europäischen Parlament verabschiedeten Richtlinien in seiner nationalen Gesetzgebung umsetzen.

Die Unternehmen sind verpflichtet, diese Gesetzgebungen einzuhalten. Ein Verstoß dagegen führt zu rechtlichen Sanktionen, die je nach der Schwere des Verstoßes entweder mit Bußgeldern oder aber Freiheitsentzug geahndet werden können.

2. Die Umweltgenehmigung

Die Wallonische Region hat, um den Unternehmen die Einhaltung der häufig komplexen Gesetzgebungen zu erleichtern und eine ausführliche Analyse der Auswirkungen eines Unternehmens auf die Umwelt sowie auf die direkte Nachbarschaft zu gewährleisten, ein nützliches Werkzeug geschaffen: die Umweltgenehmigung.

Diese Genehmigung umfasst in einem einzigen Dokument sämtliche Genehmigungen, die ein Unternehmen braucht, um seine Aktivitäten ausführen (fortsetzen oder ausweiten) zu dürfen, und die der Zuständigkeit der Wallonischen Region unterliegen. Sie beinhaltet zum Beispiel die Betriebsgenehmigung, die Baugenehmigung, die Fördergenehmigung, die Genehmigung über die Grundwasserentnahme, die Abwassereinleitung, die Ablagerung und Behandlung von Abfällen, den Lärm oder auch die spezifischen Genehmigungen für explosive Stoffe.

Mehr Infos?

Die Liste der Anlagen und Aktivitäten, die einer Umweltgenehmigung unterliegen, ist auf der Webseite der Wallonischen Region unter www.permisenvironnement.be abrufbar.

Jedes Unternehmen muss daher prüfen, ob es über eine Betriebsanlage verfügt oder ob es eine Aktivität ausübt, die eine Umweltgenehmigung voraussetzt. Die Wallonische Region hat eine Liste veröffentlicht, in der die Anlagearten und Aktivitäten gelistet sind.

Auf dieser Liste werden die Aktivitäten je nach ihrem steigenden Einfluss auf die Umwelt in 3 Kategorien eingestuft:

Mehr Infos?

> bei der Mittelstandsvereinigung
> beim Wallonische Unternehmerverband
> beim Ministerium der Wallonischen Region oder www.permisenvironnement.be

Dokumentation :

  • „Starters & Environnement, guide pratique pour les PME qui démarrent“, UCM, Oktober 2007.
  • „Ma PME et l’environnement, guide pratique 2004“, UCM, November 2003.
  • „Le permis d’environnement en Région Wallonne, Guide pratique pour les délégués syndicaux“, Camille DERMONNE, RISE, April 2003.
  • Die Aktivitäten mit geringem Umwelteinfluss gehören der Klasse 3 an. Für sie ist keine Umweltgenehmigung erforderlich, sondern reicht eine Erklärung aus.
  • Die Aktivitäten der Klasse 2 haben einen mäßigen Einfluss auf die Umwelt und unterliegen einer Umweltgenehmigung.
  • Die Aktivitäten der Klasse 1 haben einen sehr großen Einfluss auf die Umwelt und bedürfen einer Umweltgenehmigung.

Die Umweltgenehmigung wird zeitlich begrenzt gewährt (zwischen 10 und 20 Jahre). Nach dieser Zeitspanne muss ein neuer Antrag gestellt werden .

Die Unternehmen, die der Klasse 1 angehören, müssen zudem eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) vorlegen. Ihr Ziel ist es, „die erheblichen und voraussichtlichen Auswirkungen auf die gesamte Umwelt zu prüfen, d.h. auch auf die Bevölkerung, die menschliche Gesundheit, die Artenvielfalt, die Fauna, die Flora, den Boden, die Luft, das Wasser, die Klimafaktoren oder auch die Sachwerte und das Kulturerbe“

Die Umweltgenehmigung gilt in der Wallonischen Region seit dem 1. Oktober 2002. Viele Unternehmen unterliegen aber noch der alten Gesetzgebung (die die Betriebsgenehmigung und die anderen Umweltgenehmigungen wie die Genehmigung für industrielle Abwasserentsorgung, Wasserentnahme, … umfasst), die gültig bleibt, bis die jeweiligen gewährten Genehmigungen ablaufen. Die Unternehmen, die nicht über alle in der neuen Gesetzgebung verlangten Umweltgenehmigungen verfügen, müssen ihre Genehmigungen in Ordnung bringen.

3. Die Betriebsbedingungen

Abgesehen von der Umweltgenehmigung muss ein Unternehmen eine ganze Reihe von Betriebsbedingungen einhalten. Dabei handelt es sich um allgemeine, sektorbezogene und integrale Bedingungen, die in ministerlichen Erlassen festgelegt und im Belgischen Staatsblatt veröffentlicht wurden. Diese Betriebsbedingungen vereinfachen die Arbeit der zuständigen Behörde, weil sie direkt für alle Einrichtungen, die im Erlass genannt werden, anwendbar sind.

  • Die allgemeinen Bedingungen gelten für alle Anlagen und Aktivitäten.
  • Die sektorbezogenen Bedingungen gelten für alle Unternehmen eines Aktivitätssektors.
  • Die integralen Bedingungen gelten speziell für Anlagen und Aktivitäten der Klasse 3 je nach ihrer Art.

Wenn eine zuständige Behörde die Bedingungen als unzureichend erachtet, um „die Gefahren, die Belästigungen oder die Nachteile, die ein Betrieb für den Menschen oder die Umwelt verursachen kann, zu begrenzen“, kann sie besondere (für die Betriebe der Klassen 1 und 2) oder zusätzliche Bedingungen (für die Betriebe der Klasse 3) erlassen.

4. Die Normen

Eine Norm ist eine Bestimmung, die einen technischen Wissensstand in einer bestimmten Epoche definiert. Eine Norm besteht aus einer Reihe von Regeln (ein Lastenheft), die, sobald sie erfüllt sind, Zugang zu einer Qualitätszertifizierung geben oder auch die Vermarktung eines Produktes erlauben.

Die Normen werden durch Institute wie das Belgische Institut für Normung (BIN), die Verordnungen der Europäischen Kommission oder die internationale Agentur ISO (International Standardisation Organisation) festgelegt. Diese Instanzen erlassen und verbessern die Normen regelmäßig.

Mehr Infos?

>Siehe Infoblatt (in Band 4)
„Das Umweltmanagementsystem“

Einige Beispiele zwingender Normen, die gesetzlich vorgeschrieben sind:
Die Emissionsnormen. Sie legen die Höchstwerte für den Ausstoß von Schadstoffen in Industrieanlagen fest.
Die Immissionsnormen. Sie legen die Schadstoffgrenzen in zum Beispiel der Luft fest.
Die Verfahrensnormen. Sie legen die Regeln für die Herstellungsverfahren fest.
Die Produktnormen (zum Beispiel DIN usw.).
Die Hygiene- und Gesundheitsnormen (HACCP).

Zudem gibt es nicht verpflichtende Normen, was bedeutet, dass sie nicht gesetzlich vorgeschrieben sind und ein Unternehmen diese freiwillig einhalten kann oder nicht.

In dem Fall unterscheidet man zwischen privaten Normen, wie das Label Max Havelaar (das die Regeln für die Erzeugnisse aus dem fairen Handel festlegt) oder das Label FSC (das die Regeln für die nachhaltige Forstwirtschaft festlegt), sowie den öffentlichen Normen, wie zum Beispiel die europäischen Umweltzeichen.

Man unterscheidet ferner zwischen den Normen für Produkte, die Normen für Herstellungsverfahren und die Normen, die sich auf die Organisation des gesamten Unternehmens beziehen können. ISO-Normen beziehen sich zum Beispiel auf Einheiten (eine Fabrik, ein Krankenhaus, ein Einzelhandelsgeschäft, eine Schule…).

Diese Normen setzen eine Zertifizierung durch ein anerkanntes Kontrollinstitut voraus, das überprüft, ob das Lastenheft der Normen korrekt eingehalten wird. Ein Unternehmen, das nicht (oder nicht mehr) die Bedingungen für die Gewährung der Norm erfüllt, verliert seine Zertifizierung und darf das Label nicht mehr tragen. Dieses Unternehmen wird jedoch nicht strafrechtlich verfolgt, wie das der Fall wäre, wenn es gegen ein Gesetz verstoßen würde. Diese Normen sind eigentlich „Visitenkarten“, Qualitätsnachweise, mit denen die Unternehmen ihre Handelsaktivitäten oder ihr Image aufbessern können.

Diese Normen können ebenfalls in den Lastenheften der Auftraggeber aufgenommen werden und werden somit zu vertraglich bindenden Auflagen. Eine Stadt kann zum Beispiel eine Ausschreibung über den Bau einer Niedrigenergiesiedlung veröffentlichen. Oder eine Schule, die ein Unternehmen für die Zubereitung der Mahlzeiten sucht, kann in ihrem Lastenheft angeben, dass sie Nahrungsmittel aus dem biologischen Anbau wünscht.

5. Die anderen gesetzlichen Mittel

  • Die Planungsinstrumente werden von den öffentlichen Behörden eingeführt. Es handelt sich um Pläne für die Verbesserung der Umwelt (Verwaltungsplan für Wasser, die Luftqualität, die Abfallbehandlung usw.), die Raumordnungspläne oder auch Berichte über den Zustand der Umwelt. Andere Pläne betreffen die Förderung der Gesundheit, der Sicherheit, der Angestelltenfortbildung, der Arbeitsförderung bei Jugendlichen usw. und beziehen sich auch auf den sozialen Aspekt der industriellen Aktivität.
  • Die Beratungsinstrumente werden auf internationaler, nationaler oder regionaler Ebene eingeführt. Es handelt sich unter anderem um internationale Übereinkommen, überregionale Abkommen, Beratungsausschüsse, internationale Ausschüsse, öffentliche Auflagen, Beratungssitzungen, Begleitausschüssen, Industrietarifabkommen usw. Hier sei noch mal darauf hingewiesen, dass die Teilnahme aller und die Konzertierung Schlüsselelemente der NE sind.
  • Die finanziellen Anreize sind wirtschaftliche Instrumente, die der Gesetzgeber eingeführt hat, um die Unternehmen anzuspornen, in eine nachhaltige Strategie zu investieren. Es handelt sich zum Beispiel um Wirtschaftshilfen, finanzielle Anreize, Steuernachlässe, Labels usw., die den Unternehmen gewährt werden, wenn sie Investitionen tätigen, durch die sie ihren Umwelteinfluss reduzieren können (wie zum Beispiel die Reduzierung des Energieverbrauchs). Dabei handelt es sich meistens um nicht zwingende Instrumente, da die Unternehmen nicht verpflichtet sind, einen finanziellen Anreiz zu beanspruchen, wohingegen aber die Unternehmen, die sich dazu entscheiden, die Bedingungen der jeweiligen Maßnahmen verpflichtend einhalten müssen.
  • Die Ökobesteuerung (Ökosteuern, Ökobonus und Ökomalus) ermöglicht es den öffentlichen Behörden:

bestimmte Kaufverhalten zu fördern (recycelte Produkte, recycelbare Produkte, Pfandverpackungen usw.). In dem Fall ist auch die Rede von Ökobonus.
von anderen Kaufverhalten abzuraten (unnötige Produkte, schwierig recycelbare Produkte, Einwegprodukte usw.). In dem Fall ist die Rede von Ökosteuern oder Ökomalus.

Eine Ökosteuer (oder Ökomalus) ist eine Steuer auf bestimmte Produkte, die Auswirkungen auf die Umwelt haben. Auf diese Weise werden umweltschädigende Produkte teurer, was die Kunden von ihrem Kauf abschrecken soll. Insbesondere sind davon Getränkeverpackungen, Batterien und Wegwerfkameras, Pestizide und Papier betroffen. In Wirklichkeit werden aber nur sehr wenige Produkte mit einer Ökosteuer belastet. Der Gesetzgeber entscheidet, auf welche Produktfamilien Ökosteuern erhoben werden oder nicht.

Die Ökosteuern richten sich nicht direkt an die Unternehmen, sondern eher an die Käufer ihrer Erzeugnisse. Ein Unternehmen, das Produkte anbietet, auf die eine Ökosteuer erhoben wird, kann daher mit einem Rückgang der Nachfrage für diese Produkte rechnen. Dadurch werden die Unternehmen aufgefordert, Produkte herzustellen, deren Auswirkungen auf die Umwelt geringer sind, um der Ökosteuer zu entgehen und ggf. sogar einen Ökobonus zu erhalten (günstigere Besteuerung bestimmter Ausrüstungsgegenstände oder Produkte).