Nachhaltigkeits-Handbuch

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V.
WASSER UND
WIRTSCHAFTLICHE ASPEKTE

Wasser spielt in der Industrie und der Landwirtschaft eine Hauptrolle. Für die Länder, die keinen ausreichenden Zugang zu den Wasserressourcen haben stellt dies einen deutlichen Nachteil für ihre wirtschaftliche Entwicklung dar. Der Zugang zu Wasser ist folglich ein Schlüsselfaktor für die Entwicklung eines Landes.

Es gibt Länder, in denen die Menschen große Entfernungen unter brennender Sonne zurücklegen und große Anstrengungen in Kauf nehmen müssen, um Wasser zu finden, dessen Qualität manchmal sehr zu wünschen übrig lässt. Diese Aufgabe wird meistens den Frauen und Kindern überlassen und nimmt einen Großteil ihrer Zeit in Anspruch. Diese Zeit fehlt ihnen dann, um sich anderen Aktivitäten zu widmen, wie zum Beispiel der Arbeit oder der Schule. Die Tatsache, keinen Zugang zu Wasser zu haben, kann daher wirtschaftliche Folgen haben, die Bildung der Menschen beeinträchtigen und ihre Entwicklungsaussichten sichtlich verringern.

In den Industrieländern ist es nicht die Wassermenge, die problematisch ist, sondern die Wasserqualität. Jährlich werden kolossale Geldsummen für die Wasseraufbereitung ausgegeben. Vor dem Gebrauch muss es zu Trinkwasser umgewandelt werden, nach dem Gebrauch muss es in Kläranlagen aufbereitet werden, damit es die Wasserläufe nicht verschmutzt. Durch die steigende Wasserverschmutzung werden diese Bearbeitungsverfahren immer komplexer und kostspieliger.

In einigen Ländern, insbesondere in den Golfstaaten, wo der Lebensstandard recht hoch, das Wasser aber knapp ist, wurden technische Verfahrensweisen entwickelt, mit denen Meerwasser entsalzt und somit zu Trinkwasser umgewandelt werden kann. Leider sind diese Verfahren sehr kostspielig und brauchen sehr viel Energie. Auch dort ist der Zugang zu Wasser eine Frage des Einkommens.

Der Aralsee oder die Folgen des Baumwollanbaus auf die ganze Region:

Der Aralsee, der teils zu Kasachstan, teils zu Usbekistan gehört, war vor 1960 noch der viertgrößte Binnensee der Erde. Mit einer Oberfläche von 66.000 km2 und einem Volumen von 1.064 km3 bot er einer artenvielfältigen Fauna Unterschlupf und lieferte 45.000 Tonnen Fisch pro Jahr. Damals wurde der See von zwei Flüssen, Amou-Daria und Syr-Daria, eingespeist.

In Kasachstan werden 63% der weltweiten Baumwollproduktion angebaut. Zwischen 1960 und 1985 hat der Aufschwung des Baumwollsektors in diesen Wüstenregionen den Bedarf an Wasser drastisch erhöht. Die Flussbette beider Flüsse wurden vollständige umgeleitet, um die Baumwollfelder mit dem nötigen Wasser zu versorgen. Ohne neue Wasserzufuhr trocknete der Aralsee aus: Heute ist er nur noch 32.000 km2 groß, sein Wasserspiegel ist um 15 m und sein Volumen um 65% gesunken. Seine Ufer sind 60 bis 80 km zurückgegangen und 4 Millionen Hektar Wüste haben sich gebildet. Der ursprüngliche Salzgehalt von 10g/Liter hat sich verdreifacht.

Ökologische Folgen: Die schlechte Wasserqualität ist schuld am Aussterben von beinahe allen Fischen, die früher noch in großen Mengen gefischt wurden (Störe, Hechte, Brassen, Karpfen, …). Wegen dem Austrocknen des Deltas beider Flüsse, die den Aralsee einspeisten, sind auch die meisten Tierarten, die dort lebten, verschwunden (von den anfänglich 178 Arten sind noch 38 vorhanden). Das Klima wird radikaler und jedes Jahr verbreiten Stürme zwischen 15 und 75 Millionen Tonnen salzhaltigen Staub über Hunderte Kilometer. Dieses Salz schadet den fruchtbaren Böden und trägt zur Wüstenbildung bei.

Wirtschaftliche Folgen: Mit dem Niedergang der Fischerei sind die Konservenfabriken und Reedereien Konkurs gegangen und die Städte, die früher einmal am Aralsee lagen, wurden von schweren wirtschaftlichen Krisen heimgesucht. Von dieser Katastrophe sind 35 Millionen Menschen direkt betroffen und die gesamte Wirtschaft der zentralasiatischen Republiken ist gefährdet.

Soziale Folgen: Die intensive Nutzung von Düngern, Pestiziden und Herbiziden auf den Baumwollfeldern belastet das Wasser und verursacht schwerwiegende gesundheitliche Probleme bei über 3 Millionen Menschen. In zwanzig Jahren hat sich die Kindersterblichkeit um 1,6 vervielfältigt und die Zahl der Magen- und Darmerkrankungen sowie der Krebserkrankungen in der Bevölkerung ist drastisch gestiegen.

1995 haben beide Länder eine Erklärung unterzeichnet, die eine Regulierung der Bewässerung und eine Wiederherstellung der natürlichen Lebensräume sichern soll. Seither hat sich die Sachlage leicht verbessert.