Nachhaltigkeits-Handbuch

temperature

III.
KLIMAVERÄNDERUNGEN
UND SOZIALE ASPEKTE

1. Direkte und indirekte Folgen für das Wohlbefinden

Die Klimaerwärmung wird Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen haben. Auch wenn diese manchmal positiv ausfallen können, überwiegen die zahlreichen negativen Folgen. Hier einige Beispiele:

• Überschwemmungen und Wassernot
In bestimmten Regionen wird zuerst die Gletscherschmelze einsetzen und folglich das Überschwemmungsrisiko zunehmen. Sobald der Gletscher geschmolzen ist, wird die Wasserversorgung stark nachlassen. Letztendlich wird ein Sechstel der Weltbevölkerung unter Wasserarmut leiden. Dabei handelt es sich vor allem um die Bewohner des indischen Subkontinents, mehrerer Regionen Chinas und den Anden in Südamerika.

• Nachlass des landwirtschaftlichen Ertrags
Die Vermehrung der extremen Wetterphänomene, der Dürren, der Verödung und der Wasserengpässe werden einen Nachlass der landwirtschaftlichen Produktion verursachen.
In Afrika werden durch schlechtere Ernten Hunderte Millionen Menschen keine Nahrungsmittel mehr in ausreichendem Maße herstellen oder kaufen können.
In den Industrieländern der niederen Breiten (Südeuropa: Spanien, Portugal, Südfrankreich) würde ein Temperaturanstieg die Wasserverfügbarkeit reduzieren und die Ernteerträge um 20% verringern.
In den Ländern der höheren Breiten (Kanada, Russland, Skandinavien, Grönland) könnten die Ernteerträge bei mäßigen Temperaturanstiegen (von 2° bis 3°C) zwar zunehmen, aber bei einem markanteren Temperaturanstieg abnehmen. Ab 4°C ist die Wahrscheinlichkeit einer beachtlichen Beeinträchtigung der weltweiten Nahrungsmittelproduktion groß.

• Anstieg des Meeresspiegels
Bei einer Erwärmung von mehr als 3° oder 4°C könnten jährlich Dutzende wenn nicht Hunderte Millionen Menschen zusätzliche Opfer von Überschwemmungen infolge des Anstiegs des Meeresspiegels werden. Die gefährdetsten Gebiete liegen in Südostasien (Bangladesch und Vietnam) und sind die kleinen Inseln der Karibik und des Pazifiks sowie die großen Küstenstädte wie Tokyo, New York, Kairo und London. Über ein Fünftel Bangladeschs läge zum Beispiel unter Wasser, wenn der Meeresspiegel um einen Meter ansteigen würde.

• Verfügbarkeit des Wassers
Der Temperaturanstieg kann plötzliche Veränderungen der regionalen Wetterzyklen verursachen wie zum Beispiel die Monsunregen in Südasien oder das El-Nino-Phänomen. Diese Veränderungen würden die Verfügbarkeit des Wassers erheblich beeinträchtigen und die Überschwemmungen in den Tropenregionen erhöhen sowie die Existenzmittel von Millionen von Menschen gefährden.

• Erhöhung der Anzahl Opfer von Naturkatastrophen
Wenn die Katastrophen zunehmen, nimmt auch die Zahl der betroffenen Personen zu. Die NGO OXFAM schätzt, dass die Anzahl Opfer von Naturkatastrophen von 174 Millionen im Jahr 1985 auf 254 Millionen im Jahr 2006 gestiegen ist und dass dieser Trend in Zukunft zunehmen wird.

• Zunahme der Flüchtlinge
Der Mangel an Wasser und Nahrungsmitteln, Krankheiten, Dürre und Überschwemmungen, Wirbelstürme, Orkane und Erdrutsch, Überflutung von Küstengebieten, Inseln und Archipele, aber auch die Zunahme der bewaffneten Konflikte werden immer mehr Menschen dazu zwingen, ihre Heimat zu verlassen. Schätzungen zufolge werden im Jahr 2100 etwa 300 Millionen Menschen dauerhaft aus ihrer ursprünglichen Heimat vertrieben sein und zu Klimaflüchtlingen werden, und das in Folge der Erderwärmung oder der dadurch bedingten Konflikte.

2. Direkte und indirekte Folgen für die Gesundheit

Durch die Klimaerwärmung werden zwar in den höheren Breiten die kältebedingten Todesfälle abnehmen, im Allgemeinen werden die klimabedingten Todesfälle aber zunehmen.

  • Hitzewellen verursachen häufig einen verfrühten Tod bei bereits geschwächten Personen, insbesondere bei denen die an Herz-oder Atemwegserkrankungen leiden.
  • Naturkatastrophen (Dürre, Überschwemmung, Stürme), deren Häufigkeit infolge der Klimaerwärmung steigt, verursachen zusätzliche Todesfälle.
  • Die Klimaerwärmung kann das Wachstum pathogener Keime fördern (zum Beispiel die Bakterien Salmonella und Listeria, der Hepatitis-A-Virus…)
  • Die Klimaerwärmung kann ebenfalls eine Veränderung des Verbreitungsgebiets zahlreicher Krankheitsüberträger verursachen (zum Beispiel die Mücken, die Krankheiten wie Denguefieber oder Malaria übertragen und deren Verbreitungsgebiet bis in unsere Regionen reichen könnte).
  • In den milden Wintern verbreiten sich in den gemäßigten Zonen Nager und Zecken, die Krankheitsüberträger sind (zum Beispiel die Lyme-Borreliose oder die Zeckenenzephalitis).
  • Die Anzahl der Allergien die die Atemwege betreffen nimmt zu.

3. Vergrößerung der Kluft zwischen den nördlichen und den südlichen Ländern

Die Auswirkungen des Klimawandels machen sich nicht überall gleich bemerkbar, als erste und am härtesten wird er die ärmeren Länder und Bevölkerungen treffen.

Die Entwicklungsregionen haben einen geographischen Nachteil: Es herrscht dort bereits ein wärmeres Klima als in den entwickelten Regionen und die Niederschlagsschwankungen sind groß. Ihre Wirtschaft ist generell von der Landwirtschaft abhängig, dem am ersten von Klimaveränderungen betroffenen Wirtschaftssektor. Die Klimaerwärmung wird sich in diesen Ländern durch den Rückgang der landwirtschaftlichen Erträge und folglich durch einen Einkommensnachlass in diesem Sektor bemerkbar machen, wodurch die Armut verstärkt wird.
Die prekäre wirtschaftliche Situation dieser Länder äußert sich meist auch in rudimentären und unangemessenen öffentlichen und gesundheitlichen Dienstleistungen. Die Klimaerwärmung könnte auf eine höhere Krankheits- und Sterberate in diesen Ländern hinauslaufen und die Situation weiter verschlimmern. Der Klimawandel wird die Einnahmen senken und die erforderlichen Ausgaben erhöhen und somit jede Anpassungsmöglichkeit an die Klimaveränderungen im Keim ersticken.

Diese Sachlage ist umso ungerechter, als dass die Industriestaaten mehr konsumieren als die Entwicklungsländer. Daher sind es die Industriestaaten, die für den Großteil der Treibhausgasausstöße aus menschlichen Aktivitäten verantwortliche sind. Aber es sind die weniger entwickelten Länder, die am wenigsten zur Klimaerwärmung beitragen, die am meisten unter den Folgen leiden werden.

In einigen Ländern (Kanada, Russland, Skandinavien, Grönland, Chile) könnte der Klimawandel sogar noch Gewinne einspielen. In manchen Ländern werden zum Beispiel die Ernteerträge steigen und die Sterberate im Winter oder der Energieverbrauch zum Heizen sinken. Anderen wiederum wird die Gletscherschmelze zugute kommen, wenn sie die unter dem Eis bislang versteckten fossilen oder mineralen Energiequellen ausbeuten können.