Nachhaltigkeits-Handbuch

papiers cartons

I.
WAS IST ABFALL?

Seit der industriellen Revolution hat sich unsere Gesellschaft schrittweise in eine Wegwerfgesellschaft verwandelt, in der immer mehr Produkte mit einer immer kürzeren Nutzungsdauer hergestellt werden. Das hat zur Folge, dass wir jeden Tag ganze Abfallberge produzieren.

1. Woher kommt der Begriff?

Der Begriff Abfall kommt von „fallen“, d.h. was beim Schneiden eines Stoffes oder Holzes abfällt.

Definition des Wortes Abfall (nach dem Duden):

  1. Reste, die bei der Zubereitung oder Herstellung von etwas entstehen.
  2. Unbrauchbarer Überrest.

Theoretisch zeichnet sich Abfall dadurch aus, dass er für seinen Besitzer überflüssig geworden ist und dieser ihn loswerden möchte oder verpflichtet ist, sich von ihm zu trennen. Jedes Produkt oder jeder Gegenstand, den wir benutzen, wird eines Tages (sobald wir ihn nicht mehr benötigen oder er defekt ist) zu Abfall. Der Abfall ist eine Etappe im Lebenszyklus eines Produktes und fast bei jeder menschlichen Aktivität wird Abfall produziert. Jedes Mal, wenn wir ein Gut verbrauchen, produzieren wir Abfall. Generell können zu jedem Zeitpunkt in der Produktionslinie eines Gegenstands Abfälle, Reste, … anfallen.

Der gesetzlichen Definition zufolge versteht man unter Abfall „jeden Stoff oder Gegenstand, dessen sich sein Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss“.

In der Praxis ist es aber nicht so leicht, den Begriff „Abfall“ zu definieren. Was für den einen als Abfall betrachtet wird, kann für den anderen ein Rohstoff sein, wobei die Grenze zwischen Abfall und Ressource sehr undeutlich ist.

Die Definition ist auch von Kultur zu Kultur unterschiedlich. In einem Entwicklungsland wie Madagaskar, Burkina Faso, Nepal oder Costa Rica wird Abfall überall recycelt und wiederverwertet. Ein Plastikkanister, der vorher Öl enthielt, wird ausgespült und für den Wassertransport oder die Aufbewahrung von Reis wiederverwertet, ein Aluminiumkanister wird zur Dachpfanne oder zum Spielzeug. In den reicheren Ländern werden solche leere Verpackungen hingegen gleich nach ihrem Gebrauch als Abfall entsorgt.

Kurzer Rückblick auf die Geschichte des Abfalls
Aus historischer Sicht ist das Abfallproblem eine recht neue Erscheinung. Die Abfälle des Urmenschen bestanden nur aus natürlichen Stoffen. Der Mensch entsorgte sie in der freien Natur, wo sie auf natürliche Weise zersetzt wurden.

Im Mittelalter entstehen die Städte. Die Bewohner werfen ihren Abfall auf die Straße oder in die Flüsse, aber die große Bevölkerungsdichte sorgt für große Abfallmengen. Die Natur kann diese Mengen nicht mehr zersetzen und die Abfälle häufen sich an, wodurch hygienische Probleme und Seuchen entstehen.

Zu Ende des 19. Jahrhunderts verfügt Eugène Poubelle, Statthalter von Paris, dass alle Abfälle in spezielle Behälter hinterlegt werden müssen, damit sie nicht mehr auf der Straße liegen. Damit bezweckt er, dass die Abfälle eingesammelt und an speziell hierfür eingerichteten Orten deponiert werden – die Müllhalden.

Im 20. Jahrhundert treten mit der industriellen Entwicklung neue und komplexere Produkte auf (Kunststoffe, Haushaltsgeräte, Verpackungen, …), die sich nicht natürlich zersetzen. Die Menge der produzierten Abfälle und ihre Bandbreite nehmen mit dem steigenden Verbrauch zu. Es entsteht nicht nur ein Problem hinsichtlich der Mengen (Volumen und Masse des Abfalls), sondern auch hinsichtlich der Qualität (Schädlichkeit des Abfalls).

Im Laufe der 70er Jahre stellt man fest, dass die Aufnahmekapazität der Müllhalden nicht ausreicht. Aber die Einrichtung von neuen Mülldeponien stößt regelmäßig auf heftigen Widerstand bei der Bevölkerung, weil solche Müllhalden nicht nur unschön aussehen, sondern auch noch Gestank verursachen.

Als Lösung wurden daher Abfallverbrennungsanlagen errichtet. Das scheint eine gute Idee zu sein, denn wenn der Abfall verbrannt wird, werden die Abfallmengen erheblich reduziert. Bei der Abfallverbrennung werden aber Giftstoffe freigesetzt (zum Beispiel persistente organische Schadstoffe wie Dioxin), die sich in der Luft verbreiten und dann den Boden und das Wasser verunreinigen.

Die Lager- und Bearbeitungskapazität der Mülldeponien und der Abfallverbrennungsanlagen wird aber schnell überschritten, während wir immer mehr Abfall erzeugen. Die Abfallverwaltung stößt auch auf technische und umwelttechnische Schwierigkeiten und ist sehr teuer.

Ab den Jahren 1990 werden Abfalltrennungsverfahren und Recycling-Verfahren eingeführt, um die Abfallmenge zu verringern und die enthaltenen Rohstoffe wiederverwerten zu können. Schrittweise erwägt man, dank der Vorbeugung die Abfallmengen während der Produktion zu verringern.

2. Welche Abfallkategorien gibt es?

Abfälle können nach mehreren Kriterien eingestuft werden. Meistens stuft man sie nach ihrer Herkunft ein. Daher spricht man von „Haushaltsabfall“ und „Industrieabfall“.

• Der Haushaltsabfall stammt hauptsächlich aus den Haushalten, dem Handel, den kleinen Unternehmen und Körperschaften (Schulen, Heime, …). Sie bestehen größtenteils aus Verpackungen, Papier und organischem Abfall. Ihre Produktion hängt sehr vom Land und von den Konsumgewohnheiten der Einwohner ab. Die Bewohner der Industrieländer, die hauptsächlich Fertigprodukte (Fertigkost, Einwegobjekte, Kunststoffmaterial, …) verbrauchen, produzieren mehr Abfall als die Bewohner der Entwicklungsländer, die hauptsächlich Rohprodukte verbrauchen (Nahrungsmittel am Stück, wiederverwendbare und wiederverwertbare Gegenstände, Naturmaterial und biologisch abbaubares Material…)

• Die Industrieabfälle stammen hauptsächlich aus der Industrie und der Landwirtschaft. Im Allgemeinen sind für die Herstellung eines Produkts oder eines Gegenstands Rohstoffe notwendig, die mehrfach das Gewicht des eigentlichen Endproduktes übersteigen und zu Abfall werden, noch bevor das Endprodukt das Werk verlassen hat. Die Industrieabfälle umfassen also zahlreiche verschiedene Abfallarten wie Kunststoffe, Eisen, Gewebestoffe aber auch Felstrümmer (aus den Minen) und Asche.

Die Wallonische Gesetzgebung teilt die Abfälle offiziell in drei Klassen auf, je nach der Gefahr, die sie für den Menschen darstellen, sowie je nach dem ihnen angepassten Entsorgungsverfahren. Man unterscheidet zwischen:

• Die Inertabfälle: Für ihre Zerstörung ist keine Sonderbehandlung erforderlich. Das sind zum Beispiel Bau- und Abbruchabfälle, Mineralstoffe…

• Die ungefährlichen Abfälle, die eigentlich keinen großen Einfluss auf die Gesundheit und die Umwelt haben. Sie sind weder explosiv, noch entzündbar oder giftig und umweltgefährdend. Das sind zum Beispiel die Haushaltsabfälle und ungefährlichen Abfälle (z.B. Verpackungen, Kunststoffe, Holzpaletten) aus der Industrie.

• Die gefährlichen Abfälle, die eine Gefahr für die Gesundheit und die Umwelt darstellen. Sie können ätzend, reizend, allergen, entzündbar, explosiv, gefährlich für die Gewässer, … sein. Diese Abfälle müssen in Sondereinrichtungen unter Sicherheitsvorkehrungen entsorgt werden.

3. Wir erzeugen sehr viel Abfall

Die weltweit erzeugten Abfallmengen nehmen jeden Tag zu. Das ist hauptsächlich auf den Anstieg des Verbrauchs in den Schwellenländern zurückzuführen sowie auf die Verallgemeinerung von Einwegprodukten und Kunststoffen, die wiederverwendbare Produkte und natürliche (und somit biologisch abbaubare) Materialien überall in der Welt ersetzen.
Man schätzt, dass die Haushalte weltweit etwa 1.545 Millionen Tonnen Abfall pro Jahr erzeugen. Im Durchschnitt sind das pro Person 248 kg Abfall pro Jahr. In Russland wird mit 1.439 kg pro Person pro Jahr am meisten Abfall erzeugt. Am wenigsten Abfall wird in Äthiopien mit 4 kg pro Person pro Jahr erzeugt.

Die Belgier liegen über dem Weltdurchschnitt. Jeder Bewohner der wallonischen Region hat im Jahr 2007 insgesamt 546 kg Haushaltsabfall erzeugt:

Man geht davon aus, dass im Jahr 2004 in der Wallonischen Region insgesamt 12,7 Millionen Tonnen Abfall erzeugt worden sind. Rund ein Zehntel dieses Abfalls (12% in 2004) ist „Haushaltsabfall“. Der Großteil dieser Abfälle (88% in 2004) ist „Industrieabfall“.