Nachhaltigkeits-Handbuch

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LEBENSZYKLUSANALYSE
EINES PRODUKTES ODER
EINER DIENSTLEISTUNG

I.
Die verschiedenen Etappen im Leben eines Produktes

Alle Produkte, die wir kaufen, und alle Gegenstände, die wir verwenden, haben einen sog. Lebenszyklus, der – wie bei den Lebewesen – mit der Geburt bzw. Entstehung beginnt und über das Leben bis zum Lebensende oder der Beseitigung reicht.

  • In der Entstehungsphase wird das Produkt entworfen, entwickelt, hergestellt und an die Verbraucher verteilt. Diese Phase beinhaltet auch den Abbau, die Verarbeitung und den Transport der Rohstoffe, die für die Herstellung des Produkts notwendig sind.
  • Die Lebensphase des Produktes beginnt mit seinem Kauf und ist die Dauer, in der es verbraucht oder vom Benutzer verwendet wird.
  • Das Lebensende ist die Phase nach der Verwendung, wenn das Produkt (oder bestimmte Produktteile) nicht mehr gebraucht wird oder zu Abfall geworden ist, und es entsorgt oder verwertet werden muss.

In jedem Stadium seines Lebenszyklus verbraucht ein Produkt natürliche Ressourcen:

  • Um die Rohstoffe zu erhalten, die für seine Herstellung notwendig sind, müssen die mineralen, pflanzlichen und tierischen Ressourcen abgebaut werden.
  • Um diese Rohstoffe abzubauen oder herzustellen, sind Maschinen und Geräte, Energie für den Antrieb, häufig Wasser oder Hilfsstoffe (Dünger, Pestizide, chemische Stoffe usw.) oder auch Naturflächen für den Anbau oder die Aufzucht notwendig.
  • Diese Rohstoffe werden zu den Fabriken transportiert, wozu Transportmittel (LKW, Flugzeuge, Schiffe usw.), Treibstoff und Transportinfrastrukturen (Straßen, Gleise, Häfen usw.) notwendig sind.
  • In den Fabriken werden sie mit Maschinen und Geräten, Hilfsmitteln, Energie, Wasser usw. in Endprodukte verarbeitet.
  • Das Endprodukt wird mit dem LKW oder anderen Treibstoff verbrauchenden Transportmitteln zum Kunden oder zu den Geschäften befördert.

Diese Kette kann unendlich fortgesetzt werden, indem man zum Beispiel analysiert, was für die Herstellung der einzelnen Bestandteile des Produkts oder für den Bau des Lastwagens, der das Produkt transportiert hat, oder auch des Geschäfts, in dem es verkauft wird, notwendig war.

Die Kette endet aber nicht da. Sobald das Produkt verkauft ist, soll es seinen Zweck erfüllen, wozu meistens nochmal Energie, Wasser, Bodenfläche, Elektrogeräte (die auch ihrerseits hergestellt werden mussten) usw. notwendig sind.

Wenn das Produkt schließlich nicht mehr dient und zu Abfall geworden ist, muss es mit Lastwagen (oder anderen Transportmitteln), die Treibstoff verbrauchen, zu den Verwertungsanlagen, Abfallverbrennungsanlagen oder Mülldeponien befördert werden, wo es mithilfe von Maschinen (die auch Energie verbrauchen), Wasser oder anderen Hilfsstoffen verarbeitet wird.
Die Auswirkungen eines Produkts auf die Umwelt beschränken sich aber nicht nur auf den Verbrauch von natürlichen Ressourcen. In jeder Etappe des Lebenszyklus schadet unser Produkt der Umwelt. Es verursacht den Ausstoß von gefährlichen Stoffen in die Umwelt (Abwasser, Abgase, gefährliche Hilfsstoffe, CO2usw.), die das Wasser, die Luft und den Boden verunreinigen können, die Klimaerwärmung ankurbeln und die Gesundheit der Menschen und anderen Lebewesen beeinträchtigen können. Es verursacht Abfälle und kann manchmal sogar zur Zerstörung der natürlichen Ökosysteme und folglich zum Rückgang der Artenvielfalt beitragen.

II.
Im Detail: die verschiedenen Lebenszyklusetappen:

1. Die Entstehung (Phase der Herstellung und des Vertriebs):

Bevor ein Endprodukt entsteht und im Handel erhältlich ist, hat es bereits zahlreiche Verarbeitungs- und Herstellungsetappen hinter sich und unglaubliche Strecken zurückgelegt. Hier einige Beispiele der verschiedenen Etappen, der verbrauchten Ressourcen und der Auswirkungen auf die Umwelt, die mit dem Endprodukt verbunden sind:

Die Analyse aller Etappen, die notwendig waren, um ein Produkt (oder einen Sekundärrohstoff, d.h. ein Rohstoff, der verarbeitet wurde, um in der Industrie für die Herstellung eines Produkts eingesetzt zu werden) herzustellen, wird auch Ökobilanz genannt.

2. Das Leben (Verwendung durch den Käufer)

Nachdem wir ein Endprodukt erworben haben, setzen wir es zu verschiedenen Zwecken ein. Durch seine Handhabung und seinen Einsatz verbrauchen wir wieder neue Ressourcen und verursachen neue Umwelteinflüsse. Hier einige Beispiele:

3. Das Lebensende (Verwertung oder Beseitigung)

Wenn wir ein Produkt oder einen Gegenstand nicht mehr verwenden, muss es noch mehrere Etappen durchlaufen, bevor es verwertet oder beseitigt werden kann. Diese letzte Phase, die „Abfall“-Phase, ist häufig die Ursache zahlreicher Umweltprobleme. In den meisten Fällen möchte man das Produkt loswerden, möglichst zu geringen Kosten (in der Natur aussetzen, wilde Abfallverbrennung, wilde Abfalllagerungen, Ausfuhr in die südlichen Länder, Ausschüttung in die Meere (Verklappung)…).

III.
Die Lebenszyklusanalyse

Durch die Lebenszyklusanalyse können die Einflüsse eines Produkts oder einer Dienstleistung auf die Ressourcen und die Umwelt verbildlicht und umweltfreundlichere Alternativen in Betracht gezogen werden.

Produkt oder Dienstleistungen, die bei einer Lebenszyklusanalyse gut abschneiden, sind Produkte oder Dienstleistungen, die:

  • bei ihrer Herstellung, Verwendung und Beseitigung wenig natürliche Ressourcen verbrauchen (Rohstoffe, Energie, Wasser…);
  • bei ihrer Herstellung erneuerbare und/oder recycelte und recycelbare natürliche Ressourcen verbrauchen;
  • zu ihrem Lebensende wiederverwendet oder recycelt werden können;
  • bei ihrer Herstellung, Verwendung und Beseitigung keine (oder wenig) Verschmutzung verursachen, nicht (oder wenig) zur Klimaerwärmung beitragen, die Ozonschicht nicht (oder wenig) angreifen, die Ökosysteme nicht (oder wenig) zerstören und die Artenvielfalt nicht (oder wenig) gefährden;
  • bei ihrer Herstellung, Verwendung und Beseitigung ggf. zum Erhalt oder Wiederaufbau von Ökosystemen und der Artenvielfalt oder der Schaffung einer CO2-Senke beitragen;
  • usw.

IV.
Die Lebenszyklusanalyse in der NE

Eine klassische Lebenszyklusanalyse beschränkt sich darauf, die ökologischen Auswirkungen eines Produktes oder einer Dienstleistung während des gesamten Lebenszyklus aufzulisten und zu untersuchen.

Wir schlagen daher vor, einen Schritt weiter zu gehen und diese Analyse auf die zwei anderen Aspekte der nachhaltigen Entwicklung auszudehnen, nämlich die sozialen und die wirtschaftlichen Auswirkungen, die ein Produkt oder eine Dienstleistung während ihrer Lebensdauer haben können.

Die nachhaltigen sozialen Aspekte umfassen insbesondere:

  • Menschenwürdige (und gesundheitsschonende) Arbeitsbedingungen während der Herstellung eines Produkts oder dem Anbieten einer Dienstleistung.
  • Arbeitsbedingungen, die die Empfehlungen der ILO einhalten oder darüber hinaus gehen.
  • Arbeitsbedingungen, die die Sicherheits- und Hygienenormen einhalten oder darüber hinaus gehen.
  • Arbeitsplätze, die dank der Herstellung von Produkten oder dem Anbieten von Dienstleistungen geschaffen werden und zur persönlichen Entfaltung und dem Wohlergehen der Angestellten beitragen.
  • Ein nützliches Produkt oder eine nützliche Dienstleistung, die einem Bedürfnis entsprechen und zum Wohlergehen der Verbraucher und Kunden beitragen.
  • Ein Produkt oder eine Dienstleistung, die die Gesundheit der Verbraucher und der Kunden schonen.
  • Eine Verwertung oder Verarbeitung zum Lebensende eines Produkts, die unter Umständen stattfinden, die die Arbeiter und ihre Gesundheit schonen.
  • Eine Verwertung oder Verarbeitung zum Lebensende eines Produkts, die hochwertige Arbeitsplätze schaffen.
  • Eine Verwertung oder Verarbeitung zum Lebensende eines Produkts, die die Gesundheit und das Wohlergehen der Anrainer und der anderen betroffenen Personen schonen.
  • usw.

Die nachhaltigen wirtschaftlichen Aspekte umfassen insbesondere:

  • Ein Produkt oder eine Dienstleistung, die bei ihrer Herstellung Gewinne generieren, damit die Aktivität des Unternehmens rentabel ist.
  • Ein Produkt oder eine Dienstleistung, die durch ihre Herstellung hochwertige Arbeitsplätze schaffen.
  • Arbeiter, die angemessen vergütet werden, sodass sie unter menschenwürdigen Umständen leben können.
  • Eine Stärkung der lokalen Wirtschaft durch die Aktivität des Unternehmens.
  • Die Gründung anderer Unternehmen und indirekter Arbeitsplätze (Lieferanten, Reinigung- oder Wartungsdienste, Verpflegung der Angestellten, …) durch die Aktivitäten des Unternehmens.
  • Nützliche Produkte und Dienstleistungen mit einem guten Preis-/Leistungsverhältnis.
  • Langlebige Produkte und Dienstleistungen, durch die die Kunden ihren ökologischen Fußabdruck verringern können.
  • Die Verwertung oder die Verarbeitung zum Lebensende eines Produkts, die eine wirtschaftliche Aktivität und hochwertige Arbeitsstellen schaffen.
  • Eine Verwertung oder Verarbeitung zum Lebensende eines Produkts zu vernünftigen Preisen.
  • usw.

V.
Wie führt man eine Lebenszyklusanalyse eines Produktes oder einer Dienstleistung durch?

Für die Durchführung einer Lebenszyklusanalyse eines Produkts, eines Gegenstands oder auch einer Dienstleistung stehen mehrere Instrumente zur Verfügung. Im Allgemeinen handelt es sich um sehr ausgetüftelte Instrumente, mit denen (meistens mithilfe von Software-Programmen) sehr genaue Zahlenergebnisse erhalten werden können. Diese Instrumente richten sich aber eher an Fachleute (Forscher, Produktingenieure, Unternehmen usw.).

Es ist möglich, eine vereinfachte Lebenszyklusanalyse durchzuführen und nur die verschiedenen Etappen aus dem Leben eines Produkts, die Ressourcenarten, die in diesen Etappen verbraucht wurden, und die voraussichtlichen Auswirkungen auf die Umwelt zu veranschaulichen. Bei diesem Ansatz geht es nicht darum, zu einem Zahlenergebnis zu kommen, sondern hinzu zu lernen und eigene Überlegungen anzustrengen.

Bei dieser vereinfachten Form der Lebenszyklusanalyse, stehen nicht etwa die Ergebnisse im Vordergrund sondern geht es darum die richtigen Überlegungen anzustellen, die eine verantwortungsvolle Produktionsweise erst möglich machen.

Wem dienen die Lebenszyklusanalysen?

Mehr Infos ?

Es gibt ein Instrument, das dem Verbraucher bei seiner Wahl zwischen mehreren Produkten helfen kann: die Tabelle des nachhaltigen Einkaufs.

  • Durch die Lebenszyklusanalyse kann der Verbraucher:
    • verschiedene Produkte vergleichen und das nachhaltigste Produkt wählen;
    • sich Gedanken darüber machen, wie er die Verwendung und die Wartung des Produkts nachhaltiger gestalten kann;
    • das Produkt bei seinem Lebensende dem richtigen Abfallentsorgungssektor zuweisen, damit die enthaltenen Materialien so gut wie möglich verwertet werden.

Leider sind die Dinge aber nicht immer einfach, da man immer vielen Faktoren Rechnung tragen muss und weil es manchmal sehr schwierig ist, die richtigen Informationen zu finden, die darüber hinaus nicht immer zuverlässig sind.

Ein Produkt schneidet selten auf allen Ebenen gut ab. Deshalb ist es nicht immer einfach, eine Wahl zu treffen, und meist muss man sich dabei auf einen Kompromiss einlassen. Soll man zum Beispiel lieber Zucker aus dem fairen Handel aus Brasilien kaufen, der Tausende Kilometer bis hierher transportiert werden musste, oder belgischen Zucker, der lokal hergestellt wurde? Ist ein Bio-Apfel aus Neuseeland besser als ein gewöhnlicher Apfel aus der Region? Soll man seine tägliche Limonade durch Apfelsinensaft aus dem fairen Handel, regionalen Apfelsaft oder etwa Leitungswasser ersetzen? Es ist nicht immer einfach, ein verantwortungsbewusster Verbraucher zu sein.

  • Ein Unternehmen kann zu zwei Zeitpunkten eine Lebenszyklusanalyse durchführen:
    • Beim Einkauf der Rohstoffe und des Zubehörs, die zur Ausführung seiner Aktivität notwendig sind. Bei dieser LZA kann das Unternehmen die Auswirkungen eines Rohstoffs oder eines Zubehörs in Erfahrung bringen und sie mit anderen, gleichwertigen Produkten vergleichen, um das nachhaltigste zu wählen. Dieser Vergleich wird einfacher, wenn das Unternehmen sich dabei auf eine Tabelle des nachhaltigen Einkaufs stützt.
    • Ein Unternehmen kann eine LZA über ein Produkt, das es herstellt, oder eine Dienstleistung, die es seinen Kunden anbietet, durchführen. Dadurch kann es, für seine Produkte oder der Dienstleistungen, die Etappen des Lebenszyklus identifizieren, die die Umwelt beeinflussen, und auch mögliche Verbesserungen erkennen. So berücksichtigt das Unternehmen alle Faktoren, die während des gesamten Lebenszyklus eines Produkts ab seinem Entwurf einen Einfluss haben können. Diese Methode nennt man das Ökodesign.

Ob es sich um einen Verbraucher handelt, der seinen ökologischen Fußabdruck verkleinern möchte, einen Unternehmenschef, der innovative Produkte entwickeln möchte oder um einen Angestellten, der dauerhaftes Bürozubehör bestellen möchte, alle müssen sich die gleichen Fragen stellen:

 

In jeder Etappe des Lebenszyklus kann ein Produkt oder eine Dienstleistung positive oder negative Einflüsse auf die Umwelt, das Soziale (die Gesellschaft) oder die Wirtschaft haben.

Die LZA kann auch in der Form einer Grafik dargestellt werden.