Nachhaltigkeits-Handbuch

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DER ÖKOLOGISCHE FUSSABDRUCK

I.
Was ist der ökologische Fußabdruck?

Ob beim Essen, Fortbewegen oder Wohnen – ständig verbrauchen wir natürliche Ressourcen. Aber ist unser Planet überhaupt in der Lage, diese Ressourcen in ausreichender Menge für alle Lebewesen zur Verfügung zu stellen? Kann er sämtlichen Abfall, den wir durch unsere Tätigkeiten produzieren, aufnehmen? Und steht unsere Lebensweise mit dem natürlichen Kapital im Gleichgewicht? Oder sind wir dabei, es zu mindern und vollständig aufzubrauchen?

Der sogenannte ökologische Fussabdruck hilft uns, dies besser beurteilen zu können. Man versteht unter diesem Begriff die Fläche auf der Erde, die notwendig ist, um unseren Lebensstil zu ermöglichen. Mit ihm kann die Belastung, die die Menschen für die Erde darstellen, gemessen werden, indem die Geschwindigkeit, mit der wir die natürlichen Ressourcen verbrauchen und Müll produzieren, mit der Geschwindigkeit verglichen wird, mit der die Natur die Abfälle abbauen und neue Ressourcen aufbauen kann.

Mithilfe des ökologischen Fussabdrucks lässt sich also folgende Frage beantworten: Bewegt sich unsere Lebensweise noch in den Grenzen dessen, was die Erde aushalten kann?

Man kann den ökologischen Fussabdruck eines Produkts, einer Person, einer Klasse, einer Stadt, eines Landes oder sogar der gesamten Weltbevölkerung berechnen. Er wird immer in globalen Hektar (gha) angegeben.

II.
Wie funktioniert er?

Unser Planet umfasst produktive Flächen mit natürlichen biologischen Ressourcen, die direkt vom Menschen genutzt werden (z.B. Wälder, Weiden etc.) und andere, die nicht produktiv sind (z.B. Wüsten, Eiskappen etc.) oder nicht direkt genutzt werden können (wie z.B. der Grund der Ozeane).

Die produktiven Flächen werden „biologisch produktive Flächen“ oder „bioproduktive Flächen“ genannt oder man spricht von der „Biokapazität“ der Erde.

Es gibt sechs verschiedene Kategorien:

  • Wälder: zur Produktion von Holz, das wir zum Bauen, Heizen und zur Papierherstellung verwenden.
  • Weideland: für die Viehzucht, durch die wir Fleisch, Wolle, Milch usw. erhalten.
  • Ackerland: zum Anbau von Pflanzen, die wir für unsere Ernährung und als Viehfutter sowie zur Herstellung von Ölen und Fasern (Baumwolle, Leinen usw.) nutzen.
  • Meeresflächen: zur Produktion von Fisch und Meeresfrüchten, die wir verzehren.
  • Bebaute Flächen: zum Bau von Wohnungen, Straßen, Infrastruktur usw.
  • Energieflächen: entsprechen den Flächen an Wald, die nötig sind, um die durch die Nutzung fossiler Brennstoffe entstandenen CO2-Emissionen zu absorbieren.

Laut im Jahre 2007 durchgeführter Berechnungen sind lediglich 21% der Erdoberfläche bioproduktive, vom Menschen nutzbare Fläche. Dies entspricht 11,9 Milliarden gha.

Teilt man die bioproduktive Fläche durch die Anzahl der Erdbewohner, erhält man den Wert 1,8. Das bedeutet, dass im Jahre 2007 jeder Mensch Anrecht auf 1,8 ha bioproduktive Fläche hatte, um seine Bedürfnisse und seinen Konsum (essen, sich kleiden, wohnen, heizen, sich fortbewegen…) zu decken und die durch seinen Energieverbrauch produzierten Treibhausgasemissionen, zu absorbieren.

Wenn wir nachhaltig leben möchten, darf unser ökologischer Fussabdruck die zur Verfügung stehende bioproduktive Fläche nicht überschreiten. Das bedeutet, dass der durchschnittliche Fussabdruck eines jeden Menschen auf der Erde im Jahr 2007 unter dem Wert von 1,8 Hektar hätte liegen müssen.

Um den tatsächlichen ökologischen Fussabdruck einer Person zu bestimmen, muss alles, was diese Person verbraucht, in bioproduktive Fläche umgerechnet werden.

Beispiel: Um 1 kg Fleisch zu produzieren, benötigt man:

  • 10 m2 Weideland für das Vieh,
  • 11 m2 Ackerland (um Futter für das Vieh anzubauen),
  • 2,4 m2 bebaute Fläche (für Ställe usw.) und
  • 21 m2 Energiefläche zur Aufnahme der beim Transport des Fleisches usw. entstandenen Emissionen.

Es gibt Programme, mit denen man diese komplexen Berechnungen durchführen kann (siehe unten).

III.
Brauchen wir eine zweite Erde?

Wenn man den Anteil der tatsächlich durch den Menschen für seine Aktivitäten benutzte „bioproduktive Fläche“ errechnet, kommt man auf ein eher erstaunliches Ergebnis. Für das Jahr 2007 erhält man nämlich ein Ergebnis von 18 Milliarden globale Hektar. Das sind im Durchschnitt 2,7 globale Hektar pro Mensch.

Wenn man diese Zahl mit den 1,8 Hektar vergleicht, die pro Person verfügbar sind, erkennt man, dass jeder von uns seinen Anteil um 0,9 gha überschritten hat. Im Klartext bedeutet das, dass wir die Ressourcen, die die Erde uns liefern kann, um 50% überstiegen haben. In anderen Worten: die Menschheit hat den Gegenwert von anderthalb Planeten verbraucht, um ihre Bedürfnisse zu erfüllen. Uns das, obwohl uns nur ein einziger Planet zur Verfügung steht.

Seit 1961 wird der ökologische Fussabdruck regelmäßig gemessen. Bei näherer Betrachtung seiner Entwicklung stellt man fest, dass er ständig steigt. Seit 1961 hat er sich mehr als verdreifacht und seit dem Ende der Jahre 1980 verbrauchen wir mehr, als eine Erde uns bieten kann: Die Biokapazität der Erde ist überschritten.

Aber wie ist so etwas möglich, wo wir doch nur eine einzige Erde haben? Man kann die im Laufe der Zeit angehäuften natürlichen Ressourcen mit Geld vergleichen, das auf einem Bankkonto deponiert wurde: Dieses Geld bringt jedes Jahr Zinsen. Der Kontoinhaber kann nun entscheiden, ob er nur die Zinsen eines Jahres ausgibt, ohne an das Kapital zu gehen, oder ob er mehr ausgibt und somit das angesammelte Kapital verwendet, das dadurch allmählich schrumpft.

So ist es auch mit der Erde, die natürliche Ressourcen herstellt, die die Menschen verwenden. Unser Verbrauch ist heute so hoch, dass wir in einem Jahr nicht nur das verbrauchen, was die Erde in einem Jahr hergestellt hat, sondern auch das anzapfen, was zu unserem natürlichen Ressourcenkapital gehört. Da drängt sich die Frage auf, wie lange wir noch so weitermachen können, bevor wir nicht auch die natürlichen Ressourcen aufgebraucht und die Fähigkeit der Erde gefährdet haben, sie zu erneuern?

IV.
Sind wir alle gleich?

Nicht alle Länder üben den gleichen Druck auf unseren Planeten aus. Der globale ökologische Fussabdruck eines Landes wird durch den durchschnittlichen Fussabdruck aller Einwohner und durch die Gesamtbevölkerung des Landes bestimmt.

Weltweit verbraucht jeder Mensch im Durchschnitt 2,7 gha pro Jahr. Dieser Verbrauch ist aber nicht gerecht über die Welt verteilt. Es herrschen große Unterschiede zwischen den Ländern. Der durchschnittliche Fussabdruck eines Belgiers liegt bei 5,1 gha. Ein Amerikaner verbraucht 9,2 gha, wohingegen ein Afrikaner lediglich 1,4 pro Jahr verbraucht.

Wenn der Verbrauch aller Erdenbürger dem westlichen Lebensstil entsprechen würde, bräuchten wir drei Planeten, um unseren Bedürfnissen nachzukommen!

Mehr Infos?

> Die vollständige Liste der Länder und des durchschnittlichen Fussabdrucks der Einwohner kann auf der Webseite des Global Footprint Network eingesehen werden: www.wwf.be.

Es handelt sich hier um Durchschnittswerte. In einem Land kann der ökologische Fussabdruck von einer Person zur anderen sehr unterschiedlich ausfallen, weil er durch Lebensstil und Verbrauchergewohnheiten beeinflusst wird.

Viele sogenannte entwickelte Länder haben einen hohen Fussabdruck, der weit über ihrer Biokapazität liegt. Man spricht dann von ihrem ökologischen Defizit. Das bedeutet Folgendes:

  • entweder verbrauchen sie ihre natürlichen Ressourcen schneller, als diese sich jedes Jahr wiederherstellen können (indem sie zum Beispiel ihr Waldkapital anzapfen, anstelle nur ihre jährliche Produktion zu ernten);
  • oder sie importieren Ressourcen aus anderen Ländern;
  • oder sie stellen mehr Abfälle her (wie zum Beispiel CO2), als die die aufgenommen werden können.

 

Einige Beispiele:

  • Die Europäische Union (EU der 27) verbraucht mehr als zwei Mal ihre eigene Biokapazität (2,3 gha pro Person), wobei der Fussabdruck eines durchschnittlichen Europäers bei 4,7 gha liegt.
  • Der durchschnittliche Fussabdruck eines Bewohners Lateinamerikas liegt bei der Hälfte der verfügbaren regionalen Biokapazität.
  • Der ökologische Fussabdruck eines Bewohners Afrikas (1,4 ha) nähert sich der Biokapazität des Kontinents (1,8 ha).

V.
Belgien unter der Lupe

Im Jahr 2005 lag der ökologische Fussabdruck eines Durchschnittsbelgiers bei 5,1 globale Hektar. Belgien ist ein kleines und dicht besiedeltes Land. Wenn man die Fläche Belgiens durch die Anzahl Einwohner teilt, stellt man fest, dass pro Person 1,1 ha Boden zur Verfügung stehen. Belgien hat daher ein „ökologisches Defizit“ von 4 globalen Hektar pro Person.

Seit 1961 ist der ökologische Fussabdruck Belgiens um 87% gestiegen, d.h. dass er sich beinahe verdoppelt hat.

Was belastet den belgischen Fussabdruck besonders?

  • Etwa 20% dieses Fussabdrucks sind auf unsere Ernährung zurückzuführen. Die Nahrungsmittel müssen nicht nur hergestellt werden (Fleisch, Gemüse, Früchte, Getreide…), sie müssen auch mehrfach behandelt werden (Verarbeitung, Verpackung, Lagerung, Transport…).
  • 30% des belgischen Fussabdrucks sind auf den Wohnungssektor zurückzuführen. Der Großteil dieses Anteils stammt aus der Energie, die im Haus verbraucht wird: Heizung, Beleuchtung, Elektrogeräte…
  • 20% des belgischen Fussabdrucks stammt von unserer motorisierten Fortbewegung. Das Auto steht dabei ohne jeden Zweifel an erster Stelle. Für den Arbeitsweg legen die Belgier sieben Mal mehr Kilometer mit dem Wagen, als mit dem Zug zurück. Was die Urlaubsreisen angeht, werden vor allem die Flugreisen angeprangert.
  • Die restlichen 30% sind den Abfällen, den Gütern und Dienstleistungen, den Pflegedienstleistungen… anzuschreiben.

VI.
Wie sieht der ökologische Fußabdruck von Morgen aus?

Mehr Infos?

Wenn wir so weitermachen wie bisher, werden wir im Jahr 2030 zwei Planeten brauchen, um den Bedürfnissen der gesamten Menschheit entsprechen zu können.

Dieses Szenario können wir aber noch verhindern, wenn wir unseren ökologischen Fussabdruck schnell und ab sofort senken, damit wir auch noch 2050 mit unserer einzigen Welt auskommen, um den menschlichen Bedarf zu decken.

Wir müssen hier und jetzt handeln, indem wir unseren Lebensstil und unseren Verbrauch anpassen. Das gilt aber nicht nur für die Regierungen und die Unternehmen, sondern auch für uns alle persönlich.

Weniger natürliche Ressourcen verbrauchen, bedeutet nicht unbedingt, dass wir auf unsere Lebensqualität verzichten müssen. Wer sich zum Beispiel dafür entscheidet, für kleine Strecken zu Fuß zu gehen oder mit dem Rad zu fahren, kann seinen viel zu sesshaften Lebensstil ausgleichen und seiner körperlichen Kondition und Gesundheit etwas Gutes tun.

Wie kann ich meinen ökologischen Fussabdruck verringern?
Auf einigen Webseiten kann jeder seinen eigenen ökologischen Fussabdruck ausrechnen und werden zahlreiche Handlungsansätze vorgeschlagen, um ihn zu senken.
Man kann aber auch in der Gruppe, wie zum Beispiel mit der Klasse, aktiv werden und den ökologischen Fussabdruck einer Klasse berechnen und Maßnahmen ergreifen, um ihn zu verringern.
> www.footprint-deutschland.de