I.
WAS IST ENERGIE,
WESHALB UND WIE
BRAUCHEN WIR SIE?
Energie ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken, wir brauchen sie jeden Tag und bei allem, was wir tun. Wir brauchen sie zum Heizen, Beleuchten, Kochen, um Nahrungsmittel zu kühlen, Wäsche zu waschen, fern zu sehen, mit dem Auto, dem Zug oder mit dem Flugzeug zu reisen usw. Energie ist auch notwendig, um die Güter herzustellen, die wir nutzen. Sie treibt die Maschinen und Fabriken an und ermöglicht somit die Herstellung von Nahrungsmitteln, Kleidungsstücken, Autos, Häusern, Handys…
Die Energie, die der Mensch für seine Aktivitäten benötigt, bezieht er aus verschiedenen Quellen. Dabei bieten sich ihm verschiedene Möglichkeiten. Zum Heizen kann er Holz verbrennen, eine Elektroheizung anschalten, einen Heizofen mit Heizöl oder einen Ofen mit Kohle feuern. Dabei wird immer eine andere Form der Energie gebraucht. Um eine Maschine anzutreiben, wie z.B. eine Bohrmaschine, braucht man Strom, um einen Wagen anzutreiben, wird ein Brennstoff verbrannt. Wenn ein Brennstoff weiterverarbeitet wird (zum Beispiel bei der Holzverbrennung), setzt er die Energie frei, die in ihm steckt.
Man unterscheidet zwischen zwei großen Kategorien von Energiequellen: die nicht erneuerbaren Energien und die erneuerbaren Energien. Jede Kategorie hat ihre Vor- und Nachteile.
1. Die nicht erneuerbaren Energien
Die auf unserem Planeten verfügbare Menge nicht erneuerbarer Energien ist begrenzt und jedes Mal, wenn wir davon brauchen, verringern wir die vorhandenen Reserven. Die erneuerbaren Energien umfassen die fossilen Energien und die Kernenergie.
1.1. Die fossilen Energien
Fossile Energien haben sich aus Pflanzen- und Tierresten (Bäume, Farne, Algen, Einzellern, …) gebildet, die vor Millionen von Jahren gestorben sind und sich zersetzt haben. Auf diese Weise wurde die Sonnenenergie, die diese Pflanzen und Tiere zu Lebzeiten in chemische Energie umgewandelt haben, in der Form von Kohle, Erdöl oder Gas gespeichert, die unter der Erde oder den Meeren gelagert ist. Die fossilen Energien haben sich in Millionen von Jahren gebildet und ihre Menge auf der Erde ist begrenzt.
Die bekanntesten fossilen Energien sind Kohle, Erdöl und Erdgas. Sie bestehen hauptsächlich aus Kohlenstoff. Der Mensch muss sie aus dem Boden fördern und dann verbrennen, wenn er die darin enthaltene Energie verwerten möchte. Sie dienen u.a. der Beheizung, der Beleuchtung oder der Fortbewegung. Jede dieser fossilen Energien hat spezifische Eigenschaften, was dazu führt, dass sie sich besser zur einen oder zur anderen Verwendung eignen.
- Kohle wird heutzutage in Heizkraftwerken als Brennstoff für die Erzeugung von Strom verwendet.
- Erdgas wird direkt im Haushalt eingesetzt (Heizung, Kochen, Transport, …) oder dient als Brennstoff in Kraftwerken.
- Erdöl wird nach der Raffinierung in verschiedene Produkte wie Benzin, Kerosin, Heizöl, Asphalt, … verarbeitet. In der Petrochemie wird es außerdem als Rohstoff für die Herstellung von Kunststoffen, Düngern und Lösungsmitteln verwendet.
Das Hauptproblem der fossilen Energien liegt darin, dass sie sehr umweltschädlich sind. Wenn sie verbrannt werden, bildet die Mischung aus Kohlenstoff und Luft CO2 (eines der Treibhausgase, das für die Erderwärmung verantwortlich ist).
Ihre Reserven sind begrenzt. Aktuellen Schätzungen zufolge wird Erdöl in den kommenden 35 Jahren, Erdgas in den kommenden 60 Jahren und Kohle in etwa 150 bis 200 Jahren erschöpft sein. Diese Schätzungen sind jedoch nur zutreffend, wenn unser heutiger Energieverbrauch gleich bleibt. Leider steigt er aber pro Jahr um durchschnittlich 2%.
1.2. Kernenergie
Die Kernenergie ist eine nicht erneuerbare Energiequelle, da der entsprechende Rohstoff Uran nur begrenzt vorkommt. Aber es handelt sich dennoch nicht um eine fossile Energiequelle, weil die Herkunft des Brennstoffs nicht auf die Umwandlung organischen Materials zurückzuführen ist.
Uran ist ein radioaktives Metall, das in bestimmten Gesteinsarten enthalten ist. Die Atomstruktur des Urans ist so instabil, dass sie sich von ganz alleine spalten kann und dabei Energie freisetzt. Die Kernenergie entsteht somit bei der Spaltung der Uranatome. Bei dieser Kernspaltung wird sehr viel Energie freigesetzt, die sich hauptsächlich in Wärme umwandelt. Uran ist der Brennstoff in Kernreaktoren, mit denen Strom erzeugt wird.
2. Die erneuerbaren Energien
Die erneuerbaren Energiequellen beziehen ihre Energie aus den Sonnenstrahlen, die bis zur Erde gelangen, und aus den verschiedenen Einflüssen (Wind, Wärme, Meeresströmungen), die das Wachstum der Pflanzen möglich machen. Ihr Vorteil liegt darin, dass sie ständig durch die Natur erneuert werden und somit niemals erschöpfen.
Man unterscheidet zwischen mehreren Arten erneuerbarer Energien:
• Die Sonnenenergie nutzt die Strahlungen der Sonne. Sie wird in thermischen Solaranlagen genutzt, die Wärme erzeugen (Warmwasser) und in Photovoltaikanlagen, die Strom erzeugen.
• Die Wasserenergie die aus der Kraft des Wassers eine mechanische Arbeit erzeugt (Mühle) oder sie in Strom umsetzt (Wasserkraftwerk).
• Die Windenergie nutzt die Kraft des Windes, um einen Propeller anzutreiben, dessen Bewegungen in Strom umgesetzt werden (Windmühle, Windrad).
• Die Biomasse umfasst das gesamte organische Material (pflanzlich und tierisch).
– Biogas ist ein Gas, das in einer Biomethan-Anlage bei der Zersetzung organischer Stoffe (z.B. biologisch abbaubare Abfälle) freigesetzt wird. Es kann als Brennstoff oder Treibstoff verwendet werden.
– Biotreibstoff (oder Agrarkraftstoff) ist ein aus pflanzlichen Stoffen gewonnener Kraftstoff (Sonnenblumen, Raps, Rüben, Mais, Zuckerrohr, …).
– Holz wird zur Beheizung von Häusern, zur Wärmeerzeugung in gewissen Industriebereichen und zur Stromerzeugung verwendet.
• Die Geothermik nutzt die Erdwärme, um Strom zu erzeugen oder Häuser zu beheizen. In 1.500 Metern Tiefe beträgt die Bodentemperatur zwischen 60-70°C. In einigen Ländern wird diese Wärme in Fernwärmenetzen verwertet. Die Wärmepumpe ist eine weitere Anwendung, die zur Nutzung dieser Energiequelle in geringer Tiefe genutzt wird.
Der große Vorteil der erneuerbaren Energien liegt darin, dass sie eine Möglichkeit bieten, die Treibhausgasausstöße zu verringern. Vorerst ist es jedoch nicht möglich, damit den gesamten Energiebedarf zu decken. Sie stellen daher eine Teillösung dar, die verbessert und durch zusätzliche Mittel ergänzt werden muss.
Kleiner Rückblick auf die Geschichte der Energiequellen
Es ist noch nicht so lange her (seit der Industrierevolution), dass der Mensch entdeckt hat, dass er die fossilen Energien (Kohle, Erdöl, Erdgas) nutzen kann. Vorher nutzte er nur erneuerbare Energiequellen wie Holz, Tierkraft, Wind, Wasser, …
Kohle ist die erste fossile Energiequelle, die im Anschluss an die Erfindung der Dampfmaschine großräumig gefördert wurde. 1859 wurde das erste Erdölvorkommen angebohrt. Es dauerte nicht lange, bis das Erdöl die Kohle überholte und zur weltweit ersten Energiequelle wurde. Zeitgleich begann man, auch Erdgas zu fördern. Beide Energieträger vereinfachten die Verwendung und Belieferung mit Energien. Der Verbrauch stieg rapide an.
Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Elektrizität erfunden. Anfangs dachte man, sie sei eine saubere und praktische Energiequelle. Nach dem Zweiten Weltkrieg fanden die Haushaltsgeräte, die Zentralheizung, die Elektrobeleuchtung und der Privatwagen Einzug in jeden Haushalt und der Energieverbrauch explodierte. Die Nachfrage nach Strom stieg dermaßen an, dass ab 1960 die ersten Kernkraftwerke gebaut wurden.
1973 wurde mit dem „Ölschock“ eine Wirtschaftskrise eingeläutet. Die Erdölerzeugerländer beschlossen, die Erdölpreise anzuheben, wodurch in unseren Industrieländern, deren Abhängigkeit vom schwarzen Gold nicht zu leugnen war, eine schwere Wirtschaftskrise verursacht wurde. Man musste Energie sparen und nach anderen Ressourcen suchen.
Heute beginnen wir, immer häufiger auf erneuerbare Energien zurückzugreifen. Auch befinden sich zahlreiche neue Techniken in der Entwicklungsphase.
Heute werden dennoch hauptsächlich nicht erneuerbare Energiequellen genutzt. Sie liefern weltweit 91% der Primärenergie. Dabei machen die erneuerbaren Energiequellen nur einen geringen Prozentsatz unseres Verbrauchs aus.
Im Jahr 2004 stammten 96% der in der Wallonie verbrauchten Energie aus fossilen Energien oder der Kernenergie, wohingegen die erneuerbaren Energien (und die Energierückgewinnung) nur 4% darstellten. Die Wallonische Region verfolgt das Ziel, bis 2020 einen Anteil von 20% grünem Strom (der aus erneuerbaren Energien oder hochwertigen Kraft-Wärme-Kopplungssystemen gewonnen wird) zu erreichen.
Strom, die indirekte Energie
Ein Teil unseres Energieverbrauchs (rund 15%) erfolgt in Form von Strom. Strom ist keine Energiequelle, sondern ein Träger, der den Transport der Energie ermöglicht.
Strom ist das Ergebnis der Umwandlung einer Primärenergie. Er vereinfacht die Nutzung der Energie. Der Strom wird über das Stromnetz bzw. Hochspannungsleitungen zu den Haushalten befördert.
Im Allgemeinen wird Strom in einem Elektrizitätswerk erzeugt. Dort wird Wasser mit Brennstoffen (Erdöl, Gas, Kohle, Uran oder Abfälle) erhitzt. Es verwandelt sich in Wasserdampf, der eine Turbine antreibt, die an einen Generator angeschlossen ist. Die mechanische Energie der Turbine wird im Generator in Strom umgewandelt. Windräder funktionieren nach dem gleichen Prinzip, mit der Ausnahme, dass die Propeller, die die Turbine antreiben, durch den Wind angetrieben werden. In einem Wasserkraftwerk übernimmt das Wasser diese Funktion.
In Belgien wird der Großteil der verbrauchten Energie mit fossilen Energien oder der Kernenergie hergestellt. 2005 stammten 75% des in der Wallonie verbrauchten Stroms aus Kernkraftwerken. Der Nachteil dieser Kraftwerke liegt in ihrem geringen Ertrag. Er schwankt je nach Zentrale zwischen 30% und 60%. Das bedeutet, dass nur 30% bis 60% der in den Brennstoffen enthaltenen Energie in Strom umgesetzt wird und der Rest in Form von Wärme verloren geht.
Die graue Energie
Wir verbrauchen die Energie nicht nur auf direktem Wege, um zu heizen, zur Fortbewegung oder zur Beleuchtung, sondern auch auf indirekte Weise in den Konsumgütern. Für jeden Gegenstand oder jedes Produkt, das wir kaufen, wurde bei der Herstellung Energie verbraucht: die Förderung der Rohstoffe, deren Transport zur Fabrik, die verschiedenen Weiterverarbeitungs- und Herstellungsverfahren, die Verpackung des Endproduktes und der Transport zum Geschäft.
Diese versteckte Energie, die verbraucht wird, bevor das Produkt zum Konsum bereit steht oder gebraucht wird, nennt man die graue Energie.
Der Großteil der Energie, die wir verbrauchen, besteht aus grauer Energie. Denn nahezu die gesamte Energie, die in der Industrie, der Landwirtschaft und dem Transportwesen verbraucht wird, findet sich früher oder später auf unserem Energiekonto wieder, da sie zur Herstellung der Produkte gedient hat, die wir verbrauchen. Schätzungsweise sind zwei Drittel der verbrauchten Energie graue Energie.
Mehr Infos?
> Siehe INFOBLATT (in Band 4)
Die graue Energie
Hier einige Beispiele:
• Für die Herstellung einer Alkalibatterie ist 50 Mal mehr Energie erforderlich, als das, was die Batterie während ihrer gesamten Lebensdauer leisten kann!
• Eine Geschirrspülmaschine in einem Geschäft hat, obwohl sie neu ist, bereits etwa 1.000 kWh, d.h. Energie für bereits rund 770 Spülgänge verbraucht!
Um graue Energie zu sparen, ist es ratsam, ein Produkt lange zu gebrauchen (indem Geräte z.B. repariert werden, anstatt neue zu kaufen), denn je weniger Geräte wir kaufen, je weniger Energie wird für ihre Herstellung verbraucht. Aus diesem Grund ist beim Kauf eines Produktes seine Langlebigkeit ein entscheidender Faktor. Daher ist es besser, ein Produkt guter Qualität zu kaufen, das länger dienen wird, anstatt ein billiges Produkt, das kaum über die Dauer der Garantie hinausgehen wird.
3. Verbrauch
Im Laufe des 20. Jahrhunderts ist die Energienachfrage auf spektakuläre Weise gestiegen. Zwischen 1970 und 2000 ist der weltweite Energieverbrauch beispielsweise um etwa 90% gestiegen. Den Vorhersagen zufolge wird sich dieser Trend auch in Zukunft bestätigen. Dabei wird die künftige Energienachfrage durch drei Faktoren beschleunigt werden: der steigende Energieverbrauch in den Schwellenländern, der steigende Gebrauch von Transportmitteln und der Bevölkerungsanstieg.
2007 lag der weltweite Energieverbrauch bei 11 Gtoe (= 11 Milliarden toe) für eine Weltbevölkerung von rund 6,5 Milliarden Menschen. Dies entspricht einem Verbrauch von 1,7 toe pro Einwohner. Dieser Verbrauch wird aber von erheblichen Unterschieden zwischen den Regionen der Welt geprägt.
Im gleichen Jahr wurden in Belgien 55 Mtoe für eine Bevölkerung von 10,4 Millionen Einwohnern verbraucht. Dies entspricht einem Energieverbrauch von 5,3 toe pro Person. Ein durchschnittlicher Belgier verbraucht folglich 3 Mal mehr Energie als der Weltdurchschnitt. Zwischen 1990 und 2004 ist der Energieverbrauch in Belgien um 8% gestiegen. Ein Beispiel, das dieses Phänomen bestens veranschaulicht, ist der Fuhrpark. Die Anzahl Fahrzeuge ist um 20% gestiegen und jeder Autofahrer hat im Durchschnitt 30% mehr Kilometer hinterlegt.
Energieverbrauch in der Wallonie
In der Wallonie verbraucht die Industrie am meisten Energie (44%). Der Energieverbrauch der wirtschaftlichen Aktivität ist zwei Mal größer als der europäische Durchschnitt. Dies erklärt sich durch den hohen Energiebedarf der Schwerindustrie (Eisen- und Stahlindustrie).
Die Haushalte der wallonischen Region haben 3.180 ktoe Energie verbraucht, was fast ein Viertel des Gesamtverbrauchs aller Sektoren darstellt (23,4%).
Der Energieverbrauch eines belgischen Haushalts
In einem Jahr verbraucht ein belgischer Haushalt im Schnitt 20.000 kWh, d.h. etwa 2.000 Liter Heizöl oder 2.000 m3 Erdgas und etwa 3.700 kWh Strom. In den wallonischen Haushalten wird die Energie hauptsächlich zum Heizen und für den Transport beansprucht. Das kommt einerseits daher, dass unsere Wohnungen schlecht isoliert sind, und andererseits, dass wir sehr von unseren Privatwagen abhängig sind.