Nachhaltigkeits-Handbuch

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IV.
BODEN UND
WIRTSCHAFTLICHE ASPEKTE

Neben Energie und Wasser steht der Boden schon heute, und künftig noch mehr, im Mittelpunkt geostrategischer und wirtschaftlicher Herausforderungen. Die Verknappung der bestellbaren Böden erhöht den Druck auf die bestehenden landwirtschaftlichen Flächen. Darüber hinaus spielt die Bodennutzung eine erhebliche Rolle in den Fragen über den Klimawandel. Die Rolle des Bodens wird gleichzeitig seine Eigenschaft als Kohlenwasserstoffspeicher bei der Neubepflanzung der Wälder oder bei der Nutzung der Kulturen in Biomethanwerken, in Wärmekraftwerken oder Agrotreibstofffabriken für die Herstellung von Gas, Strom oder Treibstoff mit einbeziehen.

Die Preise der landwirtschaftlichen Flächen steigen und mit ihnen auch die der angebauten Rohstoffe (Nahrungsmittel und andere) und der Baugrundstücke.

Seit der Lebensmittelkrise 2008 lässt sich ein neues Phänomen beobachten: Multinationale Unternehmen und reiche Saaten investieren in den Kauf oder die langfristige Pacht von bestellbaren Böden in südlichen Ländern. China hat beispielsweise 2,8 Millionen Hektar Land im Kongo erworben, um die weltgrößte Ölpalmenplantage aufzubauen und das indische Unternehmen Varun International hat in Madagaskar 465 000 Hektar gepachtet, um dort Reis herzustellen, der nach Indien exportiert wird. Die südkoreanische Firma Daewoo Logistics hat ihrerseits 2008 einen Vertrag ausgehandelt, der ihr für 99 Jahre die Pacht von 1,3 Millionen Hektar bestellbaren Boden in Madagaskar einräumt, auf dem Mais und Ölpalmen angepflanzt werden. Und dies obwohl die Insel große Mühe hat, den Lebensmittelbedarf der eigenen Bevölkerung zu decken.

Laut eines UNO-Berichtes nimmt der Aufkauf von bestellbarem Boden weltweit rapide zu. Seit 2006 haben ausländische Investoren fast 20 Millionen Hektar landwirtschaftlichen Boden in den Entwicklungsländern erworben. Die begehrtesten Landstücke liegen in der Nähe von Wasserquellen, die eine kostenniedrige Bewässerung des Bodens ermöglichen, und in der Nähe von Märkten, die den Export der Produktion erleichtern. In Subsahara-Afrika sind Kamerun, Äthiopien, der Kongo, Madagaskar, Mali, Somalia, der Sudan, Tansania und Sambia am gefragtesten. Einige Länder Mittel-und Osteuropas, Asiens und Lateinamerikas, wie zum Beispiel Brasilien, Kambodscha, Indonesien, Kasachstan, Pakistan, Russland oder die Ukraine sind ebenfalls im Visier.

Die Strategie des Landaufkaufs wird hauptsächlich von Privatinvestoren und Investmentfonds verfolgt, die davon überzeugt sind, dass der Preis des Quadratkilometers genauso zunehmen wird wie der Preis für Agrarrohstoffe. Sie kaufen die bestellbaren Böden also aus rein spekulativen Gründen.

Hinzu kommt häufig eine Bewirtschaftung des Landes, die für die Natur und die ansässige Bevölkerung wenig nachhaltig ist. Die Bauern oder Pastoren, die von den Ländereien leben (aber oft keine Eigentumsurkunde besitzen) werden herausgeworfen oder enteignet, das Recht auf Nahrung der ansässigen Bevölkerung wird missachtet, Kinder sind zur Arbeit auf den Plantagen gezwungen, Sicherheits- und Gesundheitsnormen sind mangelhaft, Pestizide kommen zum Einsatz usw.