V.
LÖSUNGSANSÄTZE
FÜR EINEN NACHHALTIGEN UMGANG
MIT DER ARTENVIELFALT
1. Kollektive Initiativen
- Auf internationaler Ebene wurde das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity) auf dem Weltgipfel von Rio im Jahr 1992 durch 192 Staaten unterzeichnet. Das Übereinkommen verfolgt drei große Ziele: Erhalt der Artenvielfalt, Förderung ihrer nachhaltigen Verwendung und Gewährleistung einer ausgewogenen Verteilung der Vorteile der Nutzung der genetischen Ressourcen
> Siehe: www.cdb.int - Die Vereinten Nationen haben das Jahr 2010 zum internationalen Jahr der Artenvielfalt ernannt, um die ganze Welt zu mobilisieren und dem kritischen Zustand der Artenvielfalt weltweit den Kampf anzusagen.
- Auf europäischer Ebene ist die Gesamteuropäische Strategie für biologische und landschaftliche Vielfalt (PEBLDS) auf der Konferenz in Sofia im Oktober 1995 verabschiedet worden.
> Siehe: www.consilium.europa.eu - Auf Landesebene gibt es in Belgien die nationale Strategie für die Biodiversität 2006 -2016.
> Siehe: https://portal.health.fgov.be - In der Wallonischen Region gibt es ein Gesetz über den Erhalt der Natur, das bestimmte Arten und ihre Lebensräume schützt und eine Reihe von Zonen mit einem besonderen Status eingeführt hat: Feuchtgebiete mit biologischem Interesse, besondere Vogelschutzgebiete, besondere Schutzgebiete, unterirdische Hohlräume wissenschaftlichen Interesses, domaniale und anerkannte Naturschutzgebiete, Umsetzung von Natura 2000.
> Siehe: http://environnement.wallonie.be/légis/consnat.htm
2. Die Artenvielfalt schützen
Wir wissen nicht viel über die Wechselwirkungen zwischen den Arten und wir können nicht mit Sicherheit behaupten, welche Arten eine ausschlaggebende Rolle in der Funktionsweise eines Ökosystems spielen und deren Aussterben auch das Aussterben dieses Ökosystems verursachen würde. Daher rät die Vorsicht, alle Elemente der Artenvielfalt und alle Ökosysteme, die sie beherbergen, zu schützen.
In den vergangenen Jahren sind mehrere Initiativen in diesem Bereich gegründet worden. Diese reichen vom biologischen Schutz einer besonderen Art und ihres Lebensraums bis hin zum Schutz der ganzen Artenvielfalt. Diese Initiativen werden alle für die Gesellschaft ergriffen und beziehen sich auf neue Abkommen mit weltweiter Reichweite, europäische oder nationale Strategien sowie regionale, lokale und individuelle Aktionen.
- Der biologische Artenschutz
– Die Weltnaturschutzorganisation (IUCN) erstellt jedes Jahr eine „rote Liste“ mit den Arten, die vom Aussterben bedroht sind.
– Das Abkommen der Vereinten Nationen über den Internationalen Handel mit vom Aussterben bedrohter Arten aus Flora und Fauna (CITES oder auch das Abkommen von Washington) verbietet den internationalen Handel mit bestimmten wilden Tier- und Pflanzenarten und deren Nebenprodukte (Pelzmäntel, Muscheln, Elfenbein usw.). Dieses internationale Abkommen besteht seit 1975 und umfasst heute 173 Länder. (www.cites.org)
– Der Europäische Rat für Fischerei erlässt jedes Jahr Fischereiquoten und die Internationale Walfang-Kommission (IWC) reguliert seit 1982 den Walfang, um eine Überfischung bestimmter Arten zu vermeiden. - Der Schutz eines Ökosystems und der Arten, die darin leben, ist dank der Schaffung von Naturschutz- und Waldschutzgebieten möglich (z.B. das Naturschutzgebiet des Hohen Venns oder das Naturschutzgebiet Zwinin Belgien). Das Netzwerk Natura 2000 schützt zahlreiche natürliche und halb-natürliche Gebiete in ganz Europa.
Natura 2000
Natura 2000 ist ein Netzwerk für die gesamte Europäische Union, das natürliche Lebensräume umfasst, die wegen der Artenvielfalt von sehr großem Interesse sind und lebende tierische und pflanzliche Arten beherbergen, deren Schutz als Priorität angesehen wird. Das Projekt, das 1992 eingeführte wurde, verfolgt zwei Zielsetzungen:
- Der direkte Schutz bestimmter Arten sowie ihrer natürlichen Lebensräume;
- Die Einrichtung eines europäischen Netzwerks von Gebieten, in dem die Arten sich frei von einem Gebiet zum anderen bewegen können. Dies ist besonders wichtig, damit die Arten ihren vollständigen Lebenszyklus vollenden können, um neue Räume zu besiedeln und den Austausch von Individuen (und somit von Genen) zu ermöglichen, der für das langfristige Fortbestehen der Bevölkerungen wichtig ist.
Die Schutzmaßnahmen in den Mitgliedsgebieten dieses Netzes sind zweierlei.
1. Passiver Schutz des Natura-2000-Netzes
- Es ist verboten, Fauna und Flora auf dem Gebiet zu zerstören;
- Es ist verboten, der Integrität der Gebiete zu schaden;
- Es gilt die Verpflichtung, die Folgen eines Projektes auf das Gebiet „auf angemessene Weise“ einzuschätzen.
2. Aktiver Schutz des Natura-2000-Netzes
- Einführung eines Gebietsverwaltungsplans, der von einem Erhaltungsausschuss beaufsichtigt wird;
- Verabschiedung von Abkommen zwischen der Wallonischen Region und den Grundbesitzern für die Umsetzung des Verwaltungsplans;
- eventuelle Gewährung von Beihilfen und Subventionen für die Grundbesitzer.
Im Jahr 2006 waren 12% des belgischen Hoheitsgebiets von der Natura-2000-Richtlinie geschützt, worunter 59 Lebensraumarten.
- Der technische Schutz der Artenvielfalt bezweckt zum Beispiel den Erhalt der guten Wasser- und Luftqualität. Dabei handelt es sich um technische Maßnahmen wie Wasserkläranlagen, Katalysatoren für die Reinigung der Abgase, Luftfilter für die Luftreinigung… Diese Maßnahmen tragen dazu bei, dass die Umweltverunreinigung insgesamt nachlässt und somit einer der Gründe für den Verlust der Artenvielfalt abschwächt. Dank dieser Maßnahmen hat sich die Qualität der Luft, des Wassers und der Flüsse in den Industriestaaten in den vergangenen Jahren sichtlich verbessert. Davon zeugen die Rückkehr bestimmter Fisch- und Vogelarten (wie z.B. der Schwarzstorch), die wieder gesichtet wurden.
- Die Sensibilisierung der Öffentlichkeit und das Lobbying bei den politischen Entscheidungsträgern und wirtschaftlichen Akteuren. Diese Initiativen werden auf lokaler, regionaler und sogar internationaler Ebene ausgeführt. Mehrere große Organisationen für die Verteidigung und den Schutz der Umwelt wie Greenpeace, Friends of the Earth oder WWF (World Wide Found for Nature) setzen sich in diesem Bereich in zahlreichen Ländern und weltweit aktiv ein. In Belgien kämpft eine Reihe von Bürgerinitiativen für die Achtung der Umwelt in allen Sektoren. Viele dieser Vereinigungen haben sich in der Plattform Inter Environnement Wallonie zusammengeschlossen (www.iew.be).
3. Nachhaltigkeits-Tipps für den Alltag
Der Umweltschutz betrifft aber nicht nur die Regierungen. Jeder kann persönlich dazu beitragen, wobei sich ihm zahlreiche Möglichkeiten und verschiedene Aktionsebenen bieten.
- Ich wähle lokale Früchte und Gemüsesorten und entdecke traditionelle Arten wieder.
- Ich bevorzuge Produkte aus dem biologischen Anbau, der respektvoller mit der Umwelt und dem Boden umgeht.
- Ich esse keine vom Aussterben bedrohten Fischarten (roter Thunfisch, Kabeljau, Seezunge, Seehecht…) und bevorzuge Fische aus Fischzuchten, die die Umwelt achten (Bio-Zertifizierung, MSC-Label).
- Wenn ich Holzmöbel (oder andere Holzprodukte) kaufe, achte ich darauf, dass das verwendete Holz aus einem nachhaltigen Bestand stammt, der FSC oder PEFC zertifiziert ist, oder besser noch eine heimische Holzart ist.
- Ich folge nicht der Mode der exotischen Haustiere (Fische, Schlangen, Spinnen, Schildkröten, Papageien…).
- Ich vermeide den Kauf und die Verwendung von Kunstdünger im Garten und bevorzuge Naturdünger, indem ich den organischen Abfall und die Gartenabfälle kompostiere. Ich kaufe und verwende keine gefährlichen Produkte wie Herbizide, Insektenbekämpfungsmittel oder Fungizide im Haus. Es gibt für alles eine Lösung ohne die Verwendung gefährlicherChemikalien.
- Ich gründe oder unterstütze konkrete Umweltschutzaktionen wie die Schaffung eines Naturparks oder eines Tümpels in meinem Viertel.
- Ich nehme an Freiwilligenaktionen oder Natur-Workcamps teil, um die Ufer und Flüsse zu säubern, das Gestrüpp aus Heidelandschaften zu entfernen, Sensibilisierungsaktionen durchzuführen, Wanderwege zu beschildern usw.
- Ich unterstütze die Naturschutz- oder Umweltschutzvereine wie zum Beispiel Nature&Progrès, Natagora, Ardenne&Gaume oder eine der zahlreichen lokalen Vereinigungen. Ich kann unter anderem ihre Petitionen unterschreiben, ein aktives oder passives Mitglied werden, spenden, mich als Freiwillige(n) melden…
- Ich beobachte die Arten (zum Beispiel die Vögel in meinem Garten) und lerne, sie zu unterscheiden. Auf diese Weise kann ich an der Erhebung der Wildarten teilnehmen, die jährlich von bestimmten Vereinigungen vorgenommen wird.
- Ich wandle meinen Garten in eine Zone der biologischen Vielfalt um. Ich kann zum Beispiel eine Hecke oder einen Obstgarten anpflanzen (mit alten Obstbaumsorten) oder einen Teil des Gartens wilden Gräsern und Blumen widmen. Ich biete Tieren (Vögel, Insekten, Nagetieren, Amphibien…) Unterschlupf, indem ich Unterstände baue oder einen Teich anlege. Vor allem aber vermeide ich exotische Pflanzen.
- Mein Balkon kann auch eine grüne Zone werden, indem ich dort Blumenkästen (einheimische Arten), Insektenhäuser, Vogelfutter (im Winter!) usw. anbringe.
- Wenn ich im Wald oder in der Natur spazieren gehe, bleibe ich auf den ausgeschilderten Wegen, um die Pflanzenzonen nicht zu zertreten, ich pflücke keine Pflanzen, ich drehe keine Steine oder Baumwurzeln, die sich zersetzen, um, ich störe die Tiere nicht und mache keinen Lärm.
- Während der Ferien kann ich, anstatt auf dem Strand in der Sonne zu liegen, bei mir zu Hause oder im Ausland an einem internationalen Workcamp (Schaffung oder Wartung eines Naturparks, Beobachtung oder Zählung gefährdeter Arten…) teilnehmen. Das ist auch eine gute Gelegenheit, viele interessierte und motivierte Menschen kennen zu lernen.
- In den Ferien bevorzuge ich den Öko-Tourismus oder den nachhaltigen Tourismus anstelle des Massentourismus, der häufig den lokalen Ökosystemen schadet. Ich besuche Naturparks (und halte mich an die richtigen Verhaltensregeln), um die Schaffung eines Refugiums für die Artenvielfalt zu unterstützen. Ich achte die lokale Bevölkerung und ihre Kultur. Ich kaufe keine Andenken aus Pflanzen oder Tieren (Muscheln, Korallen, Schildkröten…).
Weitere Ansätze zur Vertiefung dieser Thematik werden auf der Webseite, die das Heft ergänzt, vorgeschlagen (und regelmäßig aktualisiert): www.nachhaltigkeits-handbuch.be