II.
KLIMAWANDEL
UND UMWELT
1. Auswirkungen auf die Funktionsweise der Erde
Seit 1950, in Folge menschlicher Aktivitäten, steigen die Treibhausgas-Emissionen in der Atmosphäre. Dadurch ist auch der natürliche Treibhauseffekt verstärkt worden und die durchschnittliche Temperatur auf der Erde um 0,7% gestiegen.
Aktuellen Schätzungen zufolge wird sich dieses Phänomen im Laufe der nächsten Jahrzehnte weiter verstärken.
In ihrem Bericht von 2007 schätzt die IPCC, dass die durchschnittliche Temperatur bis 2100 zwischen 1,1°C und 6,4°C ansteigen könnte, d.h. eine höhere durchschnittliche Temperatur als in den vergangenen 2 Millionen Jahren. Eine derart bedeutende Erwärmung über einen so kurzen Zeitraum (kaum 250 Jahre) wird schwerwiegende Folgen haben.
Die ersten Auswirkungen der Erwärmung sind bereits heute spürbar: meteorologische Störungen, Wüstenbildung, Eisschmelze, Anstieg des Meeresspiegels, … Aber worauf müssen wir uns morgen gefasst machen?
Im Allgemeinen sind folgende Phänomene zu erwarten:
• Das Schmelzen des Polareises und der Gebirgsgletscher
Seit 1980 sind die Gletscher um 20 bis 30% zurückgegangen. Bis 2050 werden wohl 75% der Gletscher geschmolzen sein. Die Gletscher lagern das Niederschlagswasser während des Winters und geben das Wasser während des Sommers allmählich frei. Das Schmelzen der Gletscher verursacht die Austrocknung der Flüsse und des Grundwassers und daher für viele Menschen eine Wasserknappheit. Bei Niederschlag treten vermehrt Überschwemmungen und Erdrutsche auf.
• Der Anstieg des Meeresspiegels (unter anderem durch Ausdehnung des Wassers)
Wenn die Erdtemperatur ansteigt, erwärmt sich auch das Wasser der Ozeane. Wasser, das sich erwärmt, dehnt sich und braucht daher mehr Platz. Dies hat zur Folge, dass die Ozeane „überlaufen“ und die Küstengebiete überfluten. Dieses Phänomen wird durch die Gletscher- und Polareisschmelze verstärkt. Derzeit wird ein Anstieg von 3 mm pro Jahr gemessen. Dies scheint zwar unbedeutend zu sein, aber dennoch sind die ersten Inselstaaten wie Tuvalu und die Malediven bereits bedroht. Wenn die Eiskappen von Grönland und der Antarktis schmelzen sollten, würde der Meeresspiegel ganze 6 Meter steigen. Die Folgen wären verheerend, weil 80% der Weltbevölkerung in Küstengebieten oder großen Flussdeltas lebt, die unter dem Wasser versinken würden.
• Die Veränderung des lokalen Klimas
Der Niederschlag lässt in bestimmten Regionen nach, wodurch diese sehr trocken werden und manchmal sogar Gefahr laufen, zu veröden. In anderen Regionen steigt der Niederschlag dahingegen an, was Überschwemmungen verursacht. In Belgien wird sich die Klimaerwärmung voraussichtlich vor allem durch zunehmenden Niederschlag bemerkbar machen. Auf der Nordhalbkugel rechnet man generell mit milderen und feuchteren Wintern sowie Hitzewellen und Trockenheit im Sommer.
• Die Verstärkung der Verödung
Je wärmer die Luft ist, desto mehr verdampft die im Boden enthaltene Feuchtigkeit. Wir stellen bereits heute fest, dass die Wüsten der Welt sich immer mehr ausbreiten. Viele trockene Regionen trocknen weiter aus oder werden zu Wüsten. Das wird in vielen afrikanischen Ländern aber auch in Zentralspanien oder Südfrankreich festgestellt.
• Steigende Häufigkeit der extremen Wetterphänomene
Immer häufiger treten ungewöhnliche Wetterphänomene auf wie zum Beispiel Dürre, Überschwemmungen, Wirbelstürme und Orkane. Sie werden immer zahlreicher und stärker und verursachen mehr Schaden denn je. Schätzungen zufolge hat sich die Anzahl der Naturkatastrophen, die auf die Klimaerwärmung zurückzuführen sind, in den vergangenen zwanzig Jahren vervierfacht. Dabei ist zu erwarten, dass dieser Trend künftig zunehmen wird.
• Der Schneeballeffekt
Jedes durch die Klimaerwärmung verursachte Phänomen kann ein anderes herbeiführen, dessen Reichweite noch unbekannt ist. Die Schmelze der enormen Eisvorkommen in der Arktis und in Grönland könnte die Strömungen der Ozeane stören, wie zum Beispiel die des Golf-Stroms, der enorme Mengen warmes Wasser an die europäische Atlantikküsten bringt und so zu unserem eher milden Klima beiträgt. Eine Verlangsamung oder gar der Stillstand dieses Stroms kann langfristig eine Abkühlung des europäischen Klimas bedeuten. Ein anderer Schneeballeffekt wird durch das Auftauen der riesigen Dauerfrostzonen (Permafrost) in Sibirien und Alaska verursacht, das gewaltige Methanmengen freigesetzt und den Treibhauseffekt zusätzlich verstärkt.
Es ist unmöglich, die Folgen der Klimaerwärmung mit Genauigkeit vorherzusagen. Das Klimagleichgewicht ist ein komplexes Phänomen, das durch zahlreiche Faktoren beeinflusst wird, die der Mensch bisher nur in ihren Grundzügen kennt. Was jedoch sicher ist, ist dass diese Veränderungen erhebliche Auswirkungen auf das Leben des Menschen und die Umwelt haben werden.
2. Auswirkungen der Klimaerwärmung auf die Umwelt und das Leben
• Die Artenwanderung
Wenn sich das Klima in einer Region verändert, werden für viele Tier- und Pflanzenarten die zu ihrem Bestehen erforderlichen Bedingungen nicht mehr erfüllt. Mehrere Arten sehen sich daher gezwungen, ihren Lebensraum zu verlassen und in geeignetere Gebiete „umzuziehen“. Das ist der Fall der Buche, ein in Belgien heimischer Baum, der sich weiter zum Norden ausbreitet. Vielleicht kommt sogar der Tag, an dem die Buche nicht mehr in Belgien zu finden ist.
Andere Arten lassen sich in Gebieten nieder, wo sie früher nicht hätten überleben können. Zwischen diesen Arten und den einheimischen Arten kann dann ein Konkurrenzkampf entstehen oder sie können Krankheiten einführen, die in ihrer neuen Heimat bisher unbekannt waren. Das ist der Fall für die Mücken, die Überträger der Malaria-Krankheit sind und irgendwann auch in Europa verbreitet sein werden.
• Die Gefahren für die Artenvielfalt
Für den Großteil der Tiere und Pflanzen erfolgen die Klimaveränderungen zu schnell, um sich daran anpassen zu können. Sie sind dann vom Aussterben bedroht, wie zum Beispiel der Polarbär. Dabei ist er aber nicht die einzige gefährdete Art. Schätzungen von Experten zufolge wären bei einer Erwärmung von nur 2°C etwa 15% bis 40% der Arten der potentiellen Gefahr des Aussterbens ausgesetzt.
• Die Zerstörung ganzer Ökosysteme
Die Ökosysteme werden bei Klimaveränderungen ganz besonders in Mitleidenschaft gezogen. Manche dieser Ökosysteme, die von besonderen Klimabedingungen abhängig sind, laufen Gefahr, zu verschwinden und mit ihnen alle Tiere und Pflanzen, die sie beherbergen. Das ist der Fall der Feuchtgebiete, die Gefahr laufen auszutrocknen, oder der Mangroven, die vom Anstieg des Meeresspiegels bedroht sind.
Aus mehreren Studien geht hervor, dass der Urwald am Amazonas sich verändern (oder teilweise verschwinden) könnte, wenn diese Region austrocknen würde. In Belgien könnten davon das Hohe Venn, das bei unzureichender Schneebedeckung im Winter austrocknen und sich in einen Wald umwandeln könnte, oder die Küstendünen betroffen sein, die zu verschwinden drohen (Zusammenspiel von Klimaveränderungen und steigendem Meeresspiegel an der Nordsee).
• Die Versäuerung der Ozeane
Die Versäuerung der Ozeane ist die direkte Folge des steigenden Kohlendioxid-Gehalts der Luft. Dies hat weitreichende Folgen für die Meeresökosysteme, wie zum Beispiel die Korallenbleiche. Die Korallenriffe sind besonders reichhaltige Ökosysteme, da sie die Wiege oder den Lebensraum zahlreicher Wasserorganismen sind (Fische, Krebstiere, Wasserpflanzen, …). Sie beherbergen etwa 80% des Lebens in den Ozeanen. Mit der Korallenbleiche wird häufig das Absterben eines ganzen Ökosystems festgestellt.