Nachhaltigkeits-Handbuch

gaspillage

II.
SIND ROHSTOFFE
UNERSCHÖPFLICHE RESSOURCEN?

1. Schwer einschätzbare Reserven

Es ist nicht einfach, die Menge der weltweiten Rohstoffreserven einzuschätzen. Der Begriff Rohstoffe umfasst ein breites Produktspektrum, das es schier unmöglich macht, sämtliche auf der Erde verfügbaren Rohstoffe zu erfassen und sie mit den verbrauchten Rohstoffmengen zu vergleichen, um so die Erschöpfungsgefahr zu ermitteln.

Diese Gefahr besteht vor allem für die nicht erneuerbaren Rohstoffe, die sich in langen geologischen Prozessen gebildet haben und nur in begrenzten Mengen verfügbar sind. Jedes Mal, wenn ein Mensch einen nicht erneuerbaren Rohstoff verbraucht, schöpft er aus den vorhandenen Reserven und verringert so die verfügbare Menge an Rohstoffen. Einige nicht erneuerbare Rohstoffe sind in solchem Ausmaß vorhanden (z.B. Sand), dass sie uns als nahezu unerschöpflich erscheinen, was uns jedoch nicht davon abhalten sollte, sie sorgsam zu verbrauchen. Andere hingegen sind in so geringen Mengen vorhanden, dass sie fast erschöpft sind. Die Folgen davon machen sich heute bereits bemerkbar in der Form von Preiserhöhungen für diese Rohstoffe sowie wachsenden geostrategischen Konflikten in den Zonen, in denen sie abgebaut werden. Es ist daher notwendig, ihren Verbrauch rasch einzuschränken und erneuerbare Alternativlösungen zu entwickeln.

Es ist heutzutage immer noch schwierig, die vorhandenen Reserven zahlreicher nicht erneuerbarer Rohstoffe einzuschätzen.

  • Einerseits ist der Rhythmus, in dem diese Reserven abnehmen, stark von den technischen Mitteln abhängig, die für ihren Abbau und ihre Weiterverarbeitung eingesetzt werden. Die Techniken der Rohstoffindustrie haben sich in den vergangenen Jahrzehnten rapide entwickelt. Dadurch können heute Vorkommen abgebaut werden, die vor wenigen Jahren noch als unrentabel betrachtet wurden. Zudem werden die Abbauabfälle heute optimaler verwertet. So ist es z.B. technisch möglich geworden, die Kohle aus ehemaligen Minenabfällen, die heute überall in der Wallonie Kohlenhalden bilden, zu verwerten. Auf diese Weise wird die Lebensdauer gewisser Ressourcen immer wieder verlängert. Manche Rohstoffe werden heute weniger abgebaut als in der Vergangenheit (z.B. Blei), was die Lebensdauer dieser Reserven verlängert. Andere wiederum wurden früher kaum genutzt, finden aber heute insbesondere im Sektor der neuen Technologien neue Anwendung. Davon sind beispielsweise die Metalle der seltenen Erden betroffen (s. Umrandung).
  • Andererseits ist es äußerst schwierig, den künftigen Verbrauch von Rohstoffen weltweit einzuschätzen. Aufgrund der rapiden wirtschaftlichen Entwicklung der Schwellenländer (insbesondere China und Indien, die rund ein Drittel der Weltbevölkerung darstellen) wird heute angenommen, dass sich ihre Rohstoffnachfrage in den kommenden Jahren explosionsartig entwickeln wird. Die geschätzten Reserven bestimmter Rohstoffe könnten sich daher schneller als geplant erschöpfen.

Für die erneuerbaren Rohstoffe sieht die Lage anders aus. Sie regenerieren sich auf natürliche Weise, sodass ihr Vorkommen grundsätzlich unbegrenzt ist. Dies setzt jedoch voraus, dass sie nicht schneller abgebaut werden, als sie sich auf natürliche Weise regenerieren können. Ein Großteil der erneuerbaren Ressourcen wird aber heute überbewirtschaftet, da der Mensch sie zu intensiv abbaut und somit die Fähigkeit dieser Ressourcen, sich zu erneuern, gefährdet wird. Sie sollten daher sorgsamer verwendet werden.

Die Metalle der seltenen Erden:
Das Periodensystem umfasst insgesamt 17 dieser Elemente, wie u.a. Lanthan, Neodym, Europium, Dysprosium, Terbium, … Die Seltenen Erden sind heutzutage in einer großen Anzahl von Produkten vertreten, wie zum Beispiel Energiesparlampen, Akkus von Hybridfahrzeugen, Katalysatoren, Flachbildschirme, Digitalkameras, Festplatten, Musikplayer, … Sie sind Schlüsselfaktoren für die grünen Technologien der Zukunft. Dysprosium ermöglicht beispielsweise die Verringerung des Gewichts der Magnete in Elektromotoren um 90%. Dieses Element ist daher für den Bau von Hybridfahrzeugen oder Windrädern ausschlaggebend. Terbium wird in Energiesparlampen eingesetzt.

Im Anschluss an die Euphorie für diese neuen Technologien ist die Nachfrage nach den Metallen der seltenen Erden in den vergangenen Jahren explosionsartig angestiegen. Heute werden weltweit schätzungsweise 124 Millionen Tonnen Metalle seltener Erden produziert. 95% dieser Produktion stammt aus China. Das größte Vorkommen liegt in der Inneren Mongolei und wird um 2040 ausgeschöpft sein.

2. Große Verschwendung

In den Herstellungsverfahren von Gütern werden große Mengen Rohstoffe eingesetzt, die nicht mehr in den Endprodukten wiederzufinden sind. Das sind die Produktionsabfälle. Um ein Handy von 100 Gramm herzustellen, benötigt man beispielsweise rund 30 Kilo Rohstoffe. Unter dem Strich bedeutet das, dass für die Herstellung eines Handys 29 Kilo und 900 Gramm Rohstoffe zu Abfall werden.

Im Klartext bedeutet das, dass viele Produkte weitaus mehr Rohstoffe enthalten, als ihr tatsächliches Eigengewicht erahnen lässt. So als würde jedes Produkt oder jeder Gegenstand, den wir verwenden, einen unsichtbaren Rucksack tragen, gefüllt mit sämtlichen Rohstoffen, die für seine Herstellung nötig waren.

Mehr Infos?

> Siehe INFOBLATT (in Band 4):
Die Faktor-10-Strategie

Jedem Produkt sein Rucksack:
Der „ökologische Rucksack“ – auch „MIPS“ (Material Intensität pro Service-Einheit) genannt, ist die sinnbildliche Darstellung der Menge an Ressourcen, die bei der Herstellung eines Produktes verbraucht wurden. Für die Berechnung des ökologischen Rucksacks eines Produktes werden sämtliche Grundstoffe addiert, die für dessen Herstellung verwendet wurden, abzüglich des Eigengewichts des Endprodukts.

 

 

Wenn man den „ökologischen Rucksack“ von verschiedenen Alltagsgegenständen berechnet, stellt man fest, dass unsere Konsumgesellschaft vor allem eine Gesellschaft der Ressourcenverschwendung ist.

Beispiel Handy
die Herstellung eines 100 g schweren Geräts sind etwa 30 kg Grundstoffe nötig.
Ein Handy besteht aus etwa 500 bis 1.000 Teilen, die in 4 Kategorien aufgeteilt werden:
• die mechanischen Bestandteile: Gehäuse, Tastatur, Chip…
• die elektromechanischen Bestandteile: Bildschirm, Mikrofon, Lautsprecher…
• die elektronischen Bestandteile: Widerstände, Induktionsspulen, Dioden, Transistoren…
• der Akku.
Nahezu 100 verschiedene Substanzen werden für die Herstellung der diversen Bestandteile verwendet:
Kunststoffe bilden 58% des Handys, wie das Thermoplast ABS-PC, Silikon oder PVC. Sie werden zur Herstellung des Gehäuses, der Tastatur, des Akkus, der Chips und der Schutzscheibe verwendet.
Die Mineralstoffe werden in zwei Kategorien unterteilt:
– die Metalle stellen etwa 25% des Handys dar. Es handelt sich um Kupfer, Eisen, Zink, Nickel, Kobalt, Aluminium, Gold, Palladium, Silber…
– Keramik stellt etwa 16% des Handys dar. Es handelt sich um Kunststoffe mit unterschiedlicher chemischer und mineralischer Zusammensetzung.
Die synthetischen Produkte stellen etwa 1% des Handys dar. Es handelt sich z.B. um Flammschutzmittel, die das Entflammen der Kunststoffteile verhindern.